Reich nah dem Himmel
Langsam öffnet er die Augen, blickt sich still im Zimmer um. Er dehnt sich noch einmal im Bett, um dann voller Tatendrang aufzustehen.
„Schon Mittag. Wir hätten echt nicht soviel Feiern dürfen.“ spricht der Junge man leicht betrübt, als er aus dem Fenster blickt. Schnell rennt er in das Badezimmer, wäscht sich und zieht seine Rüstung an.
Ares, heute 18 geworden, wird seinen ersten Tag als Soldat im Schrein des Berges verbringen. Schnell die blau- schwarzen Haare etwas gekämmt, und schon kann es losgehen. Mit raschem Schritt betritt er den Vorraum zu seinem Haus, öffnet die Tür und betritt die Schneebedeckte Stadt Haki. Der Nebel zieht langsam um den Berg, während der Schnee sich sanft im Windmeer um die Häuser und über den See wehen lässt.
Ares atmet einmal tief durch und will losgehen. „Ares, warte!“ ruft eine ihm wohlbekannte Stimme von der kleinen Insel im See – Monika.
Sie rennt über die kleine Holzbrücke zu Ares, bleibt vor ihm stehen und streckt ihre Hand aus. „Hier, das ist für dich. Es soll dich beschützen.“
Ares blickt auf die Hand. Er sieht ein selbst gebasteltes Engelsbild. „Danke...“ erwidert Ares leise auf diese Geste, und steckt den kleinen Engel in seine Tasche. „Er wird mir sicher helfen.“
„Das ist gut,“ entgegnet ihm Monika mit einem lächeln. „Was meinst du, wirst du heute machen?“
Ares schreitet voran, und Monika hinter ihm her. „Ich muss mich bei Hauptmann Kanis melden. Scheinbar teilt er mich ein.“ Ares bleibt stehen. Mit gesenktem Kopf blickt er leicht einen kleinen Hügel hinauf. Grabsteine stehen dort sauber aufgereiht unter einem Baum, dem die Kälte schon jegliches Leben ausgemerzt hat.
Monika tritt an ihn heran. „Deine Eltern sind sicher stolz auf dich.“
Ares senkt den Kopf noch mehr. „Vielleicht...“
„Da fällt mir ein,“ schoss es Monika durch den Kopf. „Hukubaya wollte dich sehen. Ich weiß nur nicht mehr, ob vor deinem Aufbruch.. Oder bei deiner Rückkehr.“
Ares dreht sich um, denkt kurz nach und geht dann wieder in die Stadt zurück. „Danke...“
Monika blickt ihm nach.
„Warum nur diese Trauer. Ich weiß doch das sie stolz auf dich sind. Das waren sie schon immer...“ dachte Monika, als sie im hinterhergeht.
Als Ares das Haus von Hukubaya erreicht, bemerkt er eine Gestalt mit Umhang auf der kleinen Insel im See. Scheinbar kniet sie vor dem Grab des Stadtgründers. Als Ares genauer hinsieht bemerkt er, dass Licht aus dem Grabstein kommt. Ares tritt noch einen Schritt heran.
Plötzlich wendet sich die Gestalt Ares zu. „Verdammt,“ flucht Ares als er bemerkte, dass er auf einen Ast getreten ist. Als er wieder zu der Insel blickt, war die Gestalt fort. So bewegt er sich etwas auf den Rand des Sees zu.
„Ares?“
Vor Schreck fällt Ares beinahe in den See. Rasch dreht er sich um. „Hukubaya! Du.. du hast mich erschreckt.“ Langsam beginnen Ares Nerven sich wieder zu beruhigen. „Tut mir Leid junge,“ entschuldigt sich die alte Dame, und bittet Ares ins Haus: „Komm doch kurz rein.“
Der junge Soldat nickt kurz, und betritt das Haus. Es ist nicht sehr groß. Die Räume sind eng, aber ziemlich gemütlich. Zudem hat das Haus auch noch einen Dachboden, durch dessen Fenster man bis zum Schrein sehen kann. Die alte Dame verlässt das Zimmer in Richtung Küche. Ares blickt Hukubaya nach, und fragt: „Du wolltest mich sprechen?“ Die alte Dame kommt mit einer Tasse Tee wieder ins Zimmer. „Ja mein Junge. Ich will dir etwas geben, das einst deinem Vater gehörte.“
Ares wird hektisch. Hukubaya geht zu einer kleinen Kommode und holt einen Schal heraus. Er ist blutrot und fast 3 Meter lang. An seinem Ende ist das Wappen der Stadt Großgrasheim eingewebt. „Diesen Schal trug dein Vater einst, als er den Schrein des Berges bewachte. Auch zu Zeiten, als der Nebel die Stadt noch nicht in sich einschloss. Ich glaube das er wollte, dass du ihn trägst.“
Sie reicht ihn dem Jungen. Dieser zögert kurz, bis er ihn unter Tränen entgegennimmt. Er bindet ihn sich um und trocknet sein Gesicht mit dem Ärmel. „Danke, Tante Hukubaya...“ entgegnet er Hukubaya noch leicht schluchzend. Sie lächelt. „Sieh nur wie gut er dir steht. Dein Vater sagte einst, dass was auch immer geschehen wird, dieser Schal ihm Trost und Wärme geben wird. Er wurde einst vom Kaiser der Loona an deinen Vater übergeben, als Auszeichnung für die Dienste an Hispheria.“
Ares denkt kurz nach, wie es wohl gewesen sein muss.
„Musst du nicht los?“ fragt ihn die alte Dame.
„Ja,“ antwortet der Junge als er aufsteht. Er verabschiedet sich mit einer Verbeugung – und ging.
„Wenn du nur wüsstest, wie groß dein Sohn geworden ist....“ dachte sich Hukubaya in einem Anflug von Nostalgie.
Ares ist unter dessen auf dem Weg zum Schrein. Über die Brücke der Schneeklippen. Vorbei an engen Felsen und tiefen Abgründen. Auch wenn der Weg gefährlich klingt, so droht hier keine Gefahr. Wenn man nicht die Schneehasen und Frosthörnchen als Bedrohung ansehen möchte.
Nur wenige Minuten vergehen, bis dass Ares das Tor zum Schrein erreicht. Ein großer, hünenhafter Soldat versperrt den Weg. „Passierschein!?“ ruft er Ares entgegen. Der Junge zückt ein Stück Papier aus der Tasche und zeigt es der Wache.
„Gut, durchtreten!“ ruft der Soldat erneut.
Ares betritt den Schrein. Vor ihm erstreckt sich ein langer Gang, der sich in einer Spirale nach unten vorarbeitet, um am Ende in die Haupthalle der Kaserne vor dem Zentrum zu münden. Die Haupthalle besteht aus einem großen Raum, in dessen Mitte ein knapp 30 Meter hoher Turm steht. Dahinter, auf einem kleinen Hügel, ist der Durchgang in den Schrein hinein. Trainingsanlagen befinden sich Links und Rechts des Turms, ebenso diverse Waffenständer.
Ares geht auf den Turm zu. Gerade als er den Türgriff greifen wollte, öffnet sich das Tor. Eine der Wachen tritt heraus. „Verzeihung,“ entschuldigt sich Ares. Die Wache lächelt ihn an und spricht beruhigend auf ihn ein: „Keine Sorge kleiner, nichts das man nicht reparieren kann.“ Die Wache denkt kurz nach. „Du musst Ares sein.. richtig?“
Ares nickt.
„Gut, Kanis wartet in seinem Zimmer auf dich. Geh einfach ins Obergeschoss und dann am Ende des Ganges.“
Ares senkt den Kopf kurz. „Danke..“
„Sild, nenn mich Sild.“ Schloss die Wache an.
Sie verabschieden sich, und Ares betritt den Turm. Er befolgt Silds Rat und betritt im Obersten Stock des Turms, den Raum des Hauptmanns.
„Ares meldet sich zum Dienst, Sir!“
Ruhig sitzt der Hauptmann in seinem Sessel und winkt Ares heran. „So denn, du bist also Leonards Sohn? Gut, gut. Hast wohl Sild gerade rausgehen sehen hm?“
Ares nickt. „Ja Sir.“
„Gut, gut. Er wird dich etwas herumführen. Sobald ihr fertig seid, meldet ihr euch wieder am Turmeingang.“
Ares nickt erneut. „Ja Sir.“
Er steht auf und verlässt den Raum. Als er den Turm verlässt, blickt Ares sich erstmal nach Sild um. Nach wenigen Minuten findet er ihn vor dem Tor zum Schrein.
„Sild!“ ruft Ares nach ihm.
Sild weiß bereits was los ist. So geht er langsam die Treppen hinunter. Er legt die Hand auf Ares Schulter. „Na dann, wollen wir dir mal deinen neuen Arbeitsplatz zeigen.“
Mit diesen Worten beginnt für Ares das Leben als Soldat. Die folgenden 3 Tage wird er von Hauptmann Kanis den Schwertkampf üben, Techniken die ihm sein Vater nicht beibringen konnte.
Als er am 3. Tag die Kaserne verlässt, fällt ihm eine leicht rosa Nebelspur auf. Er folgt dieser, und erblickt einen Jungen Mann an der Klippe stehen, den er bislang noch nicht gesehen hat.
„Wer.. bist du. Und woher kommst du?“
Der Junge man dreht sich um. Sein rotes Haar wirkt blutig im Mondschein. Und dank des schwarzen Mantels, ist er vom Nachhimmel kaum zu unterscheiden.
„Mein name ist Zane. Und du, bist tot.“
Ares nimmt Kampfhaltung an. „WAS!?“ fragt er Zane mit lauter Stimme.
Zane dreht sich wieder um. Er blickt zum Mond und spricht weiter mit ruhiger Stimme: „Du bist tot, und weißt es noch nicht. Denn er ist hier. Schon eine ganze Weile. Und wenn er es schafft die Perlen in seine Klauen zu bekommen, wird alles was du bist, siehst und fühlst... sterben.“
Ares rennt ein paar Schritte auf Zane zu. „Man, hör auf mir so ne Panik zu machen!“
Langsam dreht Zane den Kopf. Als er Ares sieht, erhebt er die Hand, dreht die Handfläche nach oben und beschwört einen Nebelgeist. „Weißt du, Ares, das Schicksal ist nicht nur das was du siehst. Doch wird sich deines entscheiden. Heute, Morgen –Vielleicht auch schon gestern.“
Mit seinen letzten Worten stürzt sich Zane von der Klippe. Ares rennt auf die Felskante zu und weicht zurück als ein Schwarm roter Fledermäuse geh Himmel aufsteigen.
„Was zum?“ fragt sich Ares.
„Leben scheidet uns vom Tod.“ Ertönt eine blechern klingende Stimme.
Ares zückt sein Schwert und dreht sich, auf den Kampf vorbereitet, um.
Er lässt das Schwert fallen. Steht starr und steif da.
Vor ihm steht eine in Lumpen, Rauch und Knochen gekleidete Bestie. Eine untote Kreatur, von der man den Kindern in den alten Lagerfeuergeschichten erzählt.
„Ne..Necromancer...“ stottert Ares.
Das Wesen gleitet sanft an Ares vorbei über die Klippe. Dort schwebt sie still an einem Punkte, und wendet seinen Blick auf Ares.
„Nenn mich, Schicksal.“
Ares tritt einen Schritt zurück. „Keine Sorge,“ beruhigt ihn das Schicksal. „Ich suche nur nach Zane dem Verräter.“
Ares stottert: „E..er.. war gera..gerade hier...“
Die Augen des Schicksals fangen an rot zu glühen. Wie Feuer steigt roter Rauch aus Ihnen hervor. „Wo ist er hin?“ fragt er.
Ares zeigt in Richtung Vollmond.
„Hab dank, junger Soldat. Hmmm...?“
„W..was?“ fragt Ares ängstlich und mit leiser Stimme.
„Sieh an, sieh an. Wir haben wohl noch großes von dir, zu erwarten...“
Mit diesen Worten verschwand der Untote im Nebel.
Ares bricht zusammen, muss sich hinsetzen. Sein Atmen wirkt ängstlich, zögernd und stockend. Er greift nach seinem Schwert, hebt es auf und steckte es wieder in den Lederhalfter. Langsam und doch stetig, tritt er den Heimweg nach Hause an.
Am Stadttor ignoriert er Monika, die wie jeden Abend auf ihn wartet. Selbst die Rufe seiner Tante hört er nicht. Er betritt sein Haus und fällt in sein Bett in Ohnmacht.
Nichts ahnend, was ihn nach seinem Erwachen erwarten sollte.