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Diskussionsforum zur Unendlichkeit: Theismus, Atheismus, Primzahlen, Unsterblichkeit, das Universum...
Discussing Infinity: theism and atheism, prime numbers, immortality, cosmology, philosophy...

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Re: jcl's Wörterbuch des Unendlichen [Re: Joey] #376796
07/06/11 19:21
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in deinem Kopf
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in deinem Kopf
Es ist doch immer wieder erstaunlich welche eigenartigen themen zu heißen diskussionen führen. Wollt ich nur mal gesagt haben.



Und achja .... Mathematik hat doch nix mit Natur zum tun!


Be my UBB-Buddy, without any reason!
Re: jcl's Wörterbuch des Unendlichen [Re: Otter] #376797
07/06/11 19:34
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@Rondidon: Natürlich basiert die Mathematik auf einigen grundlegenden Annahmen (wie von Superku z.B. schon beschrieben wurde). Du könntest dir auch deine eigene Mathematik basteln. Aber, wie auch bereits gesagt wurde, basiert Mathematik nicht auf irgendeiner Naturwissenschaft. Des Weiteren lassen sich in Naturwissenschaften auch schwerlich Beweise führen (ganz im Gegensatz zur Mathematik). In Naturwissenschaften hat man evtl. eine Beobachtung. Daraus formuliert man dann, nach ausreichend vielen Versuchen und übereinstimmenden Beobachtungen, irgendwann mal eine Theorie. Eine Theorie kann nur bestätigt oder widerlegt werden. Aber nicht bewiesen. Kleiner aber feiner Unterschied.

Wenn man sich natürlich auf die philosophische Schiene begibt die du hier anschneidest dann existiert letztlich nichts bzw. nichts bewiesenermaßen.

Re: jcl's Wörterbuch des Unendlichen [Re: Xarthor] #376800
07/06/11 19:50
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Zustimmung: Mathematik ist in sich logisch. Das System Mathematik funktioniert und ist in vielerlei Hinsicht perfekt ausgearbeitet.

Um was es mir jedoch ging, ist die Suche nach der "Wahrheit", passend zur Ausgangsfragestellung. Und vor diesem Hintergrund umfasst Mathematik nur einen Teilbereich, weil sie letztendlich dem menschlichen Geist entsprungen ist und nur den Wahrnehmungsbereich des Gehirns umfassen kann. Es könnte theoretisch sein, dass die Gehirne des Bienenschwarms von nebenan einer ganz anderen Logik oder Interpretation folgen, die auch andere logische Teilaspekte beinhalten. Das schließt auch Überschneidungen mit dem Bewusstsein des Menschen nicht aus.

Es gibt eine deutsche Dokumentation zu einem Buch von Dieter Broers, das sich mit "begrenztem Bewusstsein" beschätigt. Sicher ist dabei einiges hinterfragenswert, aber der Kern hat mich trotzdem manches aus einem neuen Blickwinkel betrachten lassen. Ich hab allerdings das zugehörige, viel ausführlichere Buch gelesen. Man kann darüber denken, was man will. Sicher ein polarisierendes Werk. Aber auch ein philosophisch-wissenschaftliches. http://www.youtube.com/watch?v=p59IyfkvWbE&feature=related

Re: jcl's Wörterbuch des Unendlichen [Re: Rondidon] #376812
07/06/11 20:40
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Es gibt ja die Theorie, dass wir, sollten wir mal Außerirdische treffen, nur durch Mathe mit ihnen kommunizieren können, weil gewisse Strukturen eindeutig sind (bzw. Eindeutig bis auf Isomorphie; unsere Aufgabe ist es dann, diese Isomorphismen zu finden). Beispiel Flächenberechnung. Nach langem Trara kommt man irgendwann auf das Lebesgue-Integral, das sehr tolle Eigenschaften hat und eindeutig bis auf einen Faktor ist. Man erreicht das über sehr viele verschiedene Wege (Maßtheorie, analytisch, etc.). Interessanterweise gibt es einen Beweis, dass, wenn man irgendein Integral hat (sprich: etwas um Volumen zu messen) und das hat einige "gute" Eigenschaften, dann hat man schon das Lebesgue-Integral.

Was aber Stimmt (und auch mal wieder was mit dem Thread zu tun hat): man kann mit Mathematik nur begrenzt Aussagen über die Realität führen. Das geht so weit, dass man sagen kann, dass wenn ich fünf Äpfel habe und drei wegnehme, dann hab ich noch zwei. Wenn man mal darüber nachdenkt, merkt man, dass es dann aber schon wieder aufhört. Sobald ein Modell hinter etwas steht ist es nicht mehr exakt.

(übrigens, hat jetzt nicht speziell was damit zu tun, aber egal: es gibt Effekte in der Natur, die zeigt, dass sie "holomorphie" sieht (also analytische Fortsetzbarkeit). Im Prinzip ist das seltsam, da ja komplexe Zahlen und Funktionentheorie ein Werk unserer Gedanken ist, außerdem schon länger und unabhängig von diesen Effekten bekannt. Entweder glaubt man nun, dass das daher kommt, weil wir einen "bias" haben, altbekannte Theorien auf was neues zu schrauben, so dass dann per Zufall sowas rauskommt, oder man glaubt, dass Mathematik intrinsisch in der Natur verankert ist. Wie man will.)

Re: jcl's Wörterbuch des Unendlichen [Re: Rondidon] #376815
07/06/11 20:42
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Quote:
Es gibt ja die Theorie, dass wir, sollten wir mal Außerirdische treffen, nur durch Mathe mit ihnen kommunizieren können

Kommt darauf an, wer wen zuerst entdeckt. Selbst auf der Erde kannst du nur mit (manchen) Menschen über Mathe kommunizieren. Wenn du ein außerirdisches Wildschwein mit 6 Beinen triffst, wirst du wohl kaum das 1+1 mit ihm durchgehen können grin

Quote:
Entweder glaubt man nun, dass das daher kommt, weil wir altbekannte Theorien auf was neues schrauben, so dass dann per Zufall sowas rauskommt, oder man glaubt, dass Mathematik intrinsisch in der Natur verankert ist.

In Bezug auf das Gehirn: Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem.
Beispiel dreidimensionelles Sehen: Mit zwei Augen wirst du ständig mit einer Tiefeninformation versorgt. Du weißt dank eines evolutionär bedingt speziell angepasstes Programms im Gehirn ("Instikt") wie weit jeder Bildpunkt, der von den Zäpfchen des Augen aufgenommen wird, von dir entfernt ist.

Allerdings funktioniert das alternativ auch mit nur mit einem Auge, allerdings viel schlechter und erst mit der Zeit. Die Tiefeninformation wird aus einem gewissen Erfahrungsschatz (für nützlich befundener Datensatz) heraus interpoliert und kann auch aktiv beeinflusst werden. "Das Haus ist weit entfernt". "Ah, dann ist das andere wohl näher, weil die Fenster größer sind".

Man braucht ein gewisses Logikverständnis, um überleben zu können. Alle Tiere haben und brauchen das. Der Mensch ist allerdings das einzige Lebenwesen der Erde, das sein Logikverständnis ständig erweitert, indem es Gedankengänge für jedermann zugänglich festhalten kann (schreiben, lesen) - und daraus über viele Generationen die uns bekannte Mathematik formuliert hat.

Mir ist gerade ein Gedanke gekommen, was meint ihr dazu?:

Mathematik ist die Sprache der Logik im Kontext des eigenen Erfahrungsschatzes.

Re: jcl's Wörterbuch des Unendlichen [Re: Superku] #376848
07/07/11 00:30
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Interessante Diskussion. laugh

Originally Posted By: Superku
Das ist einfach falsch. ... Wenn du also der Mathematik bzw. einem mathematischen Beweis widersprichst, musst du folglich jene Annahmen ablehnen, und ich glaube nicht, dass du für die Ablehnung einer der Annahmen gute Gründe hättest.

@Felix: Du hast mich da falsch verstanden.
Ich bezweifle ja nicht, dass die Mathematik "richtig" ist, ich sage auch nicht, dass sie nicht "sinnvoll" ist, sondern ich meinte, dass die Mathematik etwas vom Menschen "künstlich" erschaffenes ist. Genauso wie z.B. das "Star Wars"- oder "Herr der Ringe"-Universum. Auch diese Dinge entstammen nur dem menschlichen Gehirn, sind also nichts reales (etwas was aus der Natur stammt) sondern etwas fiktives. Und trotzdem gibt es darin unzählige Dinge, Wesen, Regeln, Ereignisse, eine eigene Geographie, eigene Naturgesetze, etc. etc.! Und alles passt irgendwie perfekt zusammen und ist sinnvoll und "beweisbar", und "lebt" auch, wird also auch noch ständig erweitert. Und viele Kinder, und auch Erwachsene, kennen sich in dieser fiktiven Welt perfekt aus, kennen alle ihre "Naturgesetze" und ihre "Regeln" - so wie Du als Mathematiker Deine mathematischen Formeln und Regeln kennst, oder ich als SAP-Programmierer meine "SAP-Regeln".

Was ich damit sagen will: das menschliche Gehirn scheint dafür prädestiniert zu sein, sich solche Regeln und Gesetze auszudenken, und das dann als etwas reales anzusehen.

Mathematik ist eine Art Sprache
Ich denke, für unser Gehirn ist Mathematik eigentlich soetwas wie Sprache. Unser Gehirn ist für Mathematik "geeignet", weil unser Gehirn die Erlernung von Sprache beherrscht. Auch in unserer Sprache gibt es einzelne Buchstaben, so wie es in der Mathematik Ziffern gibt. Und mehrere Buchstaben bilden Wörter, so wie mehrere Ziffern größere Zahlen ergeben. Und auch in der Sprache gibt es "logische Regeln", die mit Rechenoperationen vergleichbar sind, nur nennt man sie dort "Grammatik".

Ich glaube auch, dass sich die Mathematik gleichzeitig mit der Sprache entwickelt hat. Sobald der Mensch in der Lage war, etwas zu erkennen (z.B. einen Apfel), und ihm einen Namen zu geben, hatte er plötzlich ein großes Problem: es gab ja nicht nur den EINEN Apfel, sondern es gab sehr viele davon. Was sollte der Mensch nun tun? Er konnte doch nicht den ersten Apfel "Apfel" nennen, den zweiten "Bepfel", den dritten "Cepfel", etc. etc., was wäre sehr mühsam gewesen und niemand hätte sich die vielen Namen gemerkt.

Also was hat das menschliche (lernfähige) Gehirn damals gemacht: es hat "vereinfacht" bzw. abstrahiert. Von diesem Moment an hat der Mensch sozusagen begonnen, sich selbst zu belügen, sich selbst etwas vorzutäuschen, sich etwas vorzustellen was es eigentlich gar nicht gibt. Weil eigentlich ist jeder einzelne Apfel in Unikat. Jeder ist anders. Kein Apfel gleicht exakt einem anderen Apfel. Aber da das menschliche Gehirn nicht in der Lage war bzw ist, sich Namen für milliarden von Äpfeln zu merken, hat der Mensch einfach gesagt: jeder Apfel ist gleich. Und es gibt eine bestimmte Anzahl davon. Und in diesem Moment hatte die Mathematik begonnen.

Oder eigentlich genaugenommen erst ab dem Moment, ab dem der Mensch sich die Äpfel als Besitz angeeignet hatte, und diesen Besitz auch in der Gesellschaft aufteilen musste. Weil dann musste man die Äpfel plötzlich zählen. Am Anfang hatte man zum Zählen wahrscheinlich die Finger benutzt, was wahrscheinlich auch der Grund dafür ist, warum sich bis heute das Dezimalsystem durchgesetzt hatte.

Naja, und wenn man Äpfel sammeln muss, aufteilen muss, jemandem wegnehmen muss, dann ergeben sich daraus schließlich die 4 Grundrechnungsarten. Und das hatte sich dann immer weiter entwickelt. Irgendwann im Mittelalter kam dann die Zahl Null dazu, die man sich bis dahin gar nicht vorstellen konnte. Und als man am Strand die vielen Sandkörner sah, hatte man begonnen, über die Unendlichkeit nachzudenken. Obwohl wir heute wissen, dass es eigentlich gar nicht unendlich viele Sandkörner auf der Erde geben kann.

Und im Laufe der Zeit wurden diese "mathematischen Gedankenmodelle" immer komplexer. Oft aufgrund von Notwendigkeiten z.B. in der Architektur. Vielleicht wollte Pythagoras ja einfach nur den perfekten rechten Winkel für ein Gebäude berechnen. Und so erschuf sich die Menschheit im Laufe der Geschichte ihr eigenes Mathematik("Herr der Ringe")-Universum. Etwas "scheinbar" reales (4 Äpfel), was aber eigentlich in Wahrheit gar nicht real ist, da es keine 4 Äpfel gibt. Sondern jeder einzelne Apfel unterscheidet sich in Wahrheit von allen anderen Äpfeln.

Aber durch solche Verallgemeinerungen, Regeln und Gesetze machen wir uns das Leben einfacher, und können die Welt dadurch mit unserem begrenzten Gehirn einfacher verstehen. Wir machen erst dann ein Individuum zu etwas "besonderem", wenn es uns etwas bedeutet (weil es z.B. der Apfel von der Ex-Freundin Eva war, in den sie gebissen hatte, bevor sie verschwand. grin ), oder wenn wir uns näher damit beschäftigen. Dann sind 2 Äpfel plötzlich nicht mehr gleich. Das ist übrigens auch der Grund, warum wir Europäer Probleme haben, z.B. chinesische Gesichter zu unterscheiden. Weil es uns einfach zu fremd ist. Ein Chinese oder ein Europäer, der längere Zeit in China lebt, hat dieses Problem natürlich nicht.

Und leider, nur so nebenbei erwähnt, sind diese Abstrahierungen/Verallgemeinerungen, die eigentlich unser Leben vereinfachen sollten, indem sie unser Gehirn "entlasten", auch verantwortlich für Rassismus, Fremdenhass, Vorurteile, und die Ursache für viele Kriege.


Originally Posted By: Rondidon
Sachvorgänge "existieren" nicht. Alles, was man kennt, sieht, fühlt ist eine reine Interpretation des organischen Datenverarbeitungssytems "Gehirn".

Stimmt, das sehe ich auch so. Wahrscheinlich nimmt sogar jeder Mensch die Realität anders wahr?! Und was ist schon Realität. Alles besteht aus Atomen und noch viel kleineren Teilchen bzw. Energie. Wir stellen uns die Realität ständig FALSCH vor. Wenn ich jetzt z.B. auf meiner Tastatur tippe, glaube ich, dass die die Tastatur berühre. In Wirklichkeit berühren sich die Atome nicht einmal, sondern die Atome meiner Finger und die der Tastatur stossen sich gegenseitig ab. Wie bei einem Magnetfeld. Zwei Atome können nicht einmal direkten Kontakt zueinander haben.

Genauso ist es mit unseren Sinnesorganen. Das was wir sehen, hören, riechen, fühlen, ist ja nicht die Realität, sondern ein "Gefühl" oder ein Bild, dass uns unser Gehirn "berechnet" - aufgrund von irgendwelchen elektrischen Signalen, die von den Sinnesorganen kommen. Unser Gehirn vereinfacht uns halt unser Leben, indem es uns ständig "belügt" bzw. ein vereinfachtes Bild der Umwelt wiedergibt. Und das nicht einmal in Echtzeit. So ist z.B. das Bild von unseren Augen, wenn es beim Gehirn ankommt und dort verarbeitet wird, schon ein paar Millisekunden alt. Wir sehen also eigentlich immer die Vergangenheit. Und damit wir aber schneller reagieren können, "berechnet" uns unser Gehirn ein künstlich generiertes Bild vor (genauso wie es das auch bei unseren Träumen tut). Sozusagen ein Bild, von dem das Gehirn (aufgrund von Erfahrungswerten aus den vorherigen Bildinformationen) annimmt, dass es der aktuellen Realität entspricht. Und erst ein paar Millisekunden später kommt dann die Bestätigung, ob das vorberechnete Bild korrekt war oder nicht. Das ist der Grund, warum wir oft Halluzinationen haben. Also dass man z.B. beim Autofahren glaubt, dass man am Straßenrand kurz in Kind gesehen hat, obwohl es nur irgendein Baumstamm war. Aber für einen Bruchteil einer Sekunde schien dieses Kind "real" zu sein.

Irgenwie ist unser Gehirn schon ein geniales "Ding". laugh Und total anpassungsfähig. Wenn man z.B. längere Zeit am Kopf steht, dreht sich das Bild der Augen plötzlich um. Oder den eigenen Körpergeruch riecht man mit der Zeit gar nicht mehr, obwohl man andere Gerüche wahrnehmen kann. Oder man gewöhnt sich auch an Orte an denen man sich unwohl fühlt, und irgendwann fühlt man sich dort dann sogar heimisch, wenn man nur lange genug dort lebt. Menschen, die im eisigen Grönland leben fühlen sich genauso wohl wie Menschen die in der Wüste leben.

Und genial finde ich auch den "Bildschirmschoner" unseres Gehirns (ich nenne das mal so). Weil das Gehirn nicht alle Signale von allen Sinnesorganen gleichzeitig verarbeiten kann, werden unwichtige Signale einfach unterdrückt (herausgefiltert, um den "Prozessor Gehirn" nicht zu überlasten). Dann schaltet sich stattdessen eine Art Bildschirmschoner ein. Wenn man z.B. intensiv Musik hört, schalten die Augen sozusagen auf Ruhepause, und das Gehirn präsentiert uns stattdessen ein künstliches Gedanken-Bild. Tagträume. Umgekehrt bekommen wir Musik nur als Hintergrundgeräusch mit, wenn wir uns beim Musikhören z.B. intensiv auf den Computer konzentrieren und z.B. e-Mails schreiben.


Originally Posted By: Superku
Nicht im geringsten stützt sich Mathematik auf Naturwissenschaften, überhaupt nicht!

Ja, das sehe ich auch so. Es ist eigentlich umgekehrt.


Originally Posted By: Joey
Es gibt ja die Theorie, dass wir, sollten wir mal Außerirdische treffen, nur durch Mathe mit ihnen kommunizieren können, weil gewisse Strukturen eindeutig sind.

Haha, jedesmal wenn ich soetwas sehe (z.B. in Filmen, oder irgendwelche Inschriftentafeln auf Raumsonden), muss ich lachen.
Eben weil ich glaube, dass Außerirdische Lebenwesen eine ganz andere Intelligenz haben werden, und "unsere" Mathematik wahrscheinlich gar nicht verstehen werden. Oder zumindest nicht die Art und Weise wie wir "unsere" Mathematik grafisch darstellen. Wir wissen ja nicht einmal, ob die Außerirdischen überhaupt SEHEN und LESEN können. wink

Selbst wir Menschen hatten im Laufe der Geschichte unterschiedliche Vorstellungen von Mathematik. Ich denke da z.B. an die Burgbaustelle in Guedelon. Da wurde gezeigt, wie die Menschen im Mittelalter nur mit Hilfe einer Knotenschnur, die eine bestimmte Länge hatte, die tollsten mathematischen Berechnungen machen konnten. Berechnungen, die dann zum Bau der Burgen benutzt wurden (z.B. konnte man perfekte rechte Winkel damit berechnen). Das war ein Wissen, das 99,999 Prozent der Menschen unserer Zeit nicht mehr bekannt ist. Wenn also damals im Mittelalter die Menschen eine Botschaft an Außerirdische hinterlassen hätten, in denen sie IHRE Mathematik präsentierten, dann würden sie vielleicht als Botschaft eine Knotenschnur darstellen. Und selbst die Menschen der heutigen Zeit würden diese Botschaft nicht mehr verstehen. Genausowenig wie wir heutzutage irgendwelche steinzeitliche Steinkreise verstehen.


Originally Posted By: Joey
es gibt Effekte in der Natur, die zeigt, dass sie "holomorphie" sieht (also analytische Fortsetzbarkeit). Im Prinzip ist das seltsam, da ja komplexe Zahlen und Funktionentheorie ein Werk unserer Gedanken ist, außerdem schon länger und unabhängig von diesen Effekten bekannt. Entweder glaubt man nun, dass das daher kommt, weil wir einen "bias" haben, altbekannte Theorien auf was neues zu schrauben, so dass dann per Zufall sowas rauskommt, oder man glaubt, dass Mathematik intrinsisch in der Natur verankert ist.

Ich denke, in der Natur ist in Wirklichkeit keine Mathematik verankert. Wir interpretieren sie nur hinein, da unser Gehirn abstrahiert.
Vieles in der Natur scheint auf dem ersten Blick einem mathematischen Gesetz, oder einem Naturgesetz zu folgen. Zum Beispiel scheinen alle Grashalme gleich zu sein. Wenn man sich die Grashalme dann aber genauer ansieht, wird man festellen, dass jeder Grashalm anders aussieht. Oft sind die Unterschiede nur minimal, aber sie sind vorhanden. Selbst in unseren Genen gibt es oft kleine Unterschiede. Und viele Dinge in der Natur sind deshalb gleich oder sehr ähnlich, weil sie von der Natur 1:1 kopiert werden (z.B. Zellteilung).

Die Frage ist auch, was zuerst da war. Die Henne oder das Ei. Ich denke mir z.B. oft, dass der Mensch sehr viel Ähnlichkeit mit einem Computer oder einer Maschine hat. Das Gehirn gleicht einem Computer. Die Augen gleichen einer Videokamera. Aber ist die Natur deswegen "technisch"? Viel wahrscheinlicher ist, dass wir das nur deshalb so sehen, weil der Mensch all seine technischen Erfindungen von der Natur abgeschaut hat. Die Augen funktionieren also nicht wie eine Kamera, sondern unsere Kameras wurden so gebaut wie unsere Augen. Und unsere Computer arbeiten deshalb so wie sie es tun, weil unser Gehirn eben so denkt.


Originally Posted By: Rondidon
Mal wieder so eine Diskussion, die man eigentlich Nachts um 2 führt

Ja, bei mir könnte das zeitlich hinkommen. grin

Re: jcl's Wörterbuch des Unendlichen [Re: Harry Potter] #376854
07/07/11 03:38
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Ohne dass ich am frühen morgen die Kraft zum richtigen Antworten hätte, aber trotzdem: Großes Kompliment. Deine Sichtweise liest sich spannend wie ein Krimi. Könnte der Inhalt eines guten Buchs sein. Ich weiß gar nicht, was ich interessanter finde: Deine Theorie über die Zusammenhänge von Mathematik und Gesellschaft, die Theorie über Computer und Technik, oder die Sache mit der Schnur und Mathematikvorstellungen im Mittelalter (habe ich übrigends auch mal gehört. Gibts da nicht eine Burg, die originalgetreu mit diesen Methoden neu aufgebaut werden soll?). Wirklich toller Lesestoff laugh

Re: jcl's Wörterbuch des Unendlichen [Re: Rondidon] #376882
07/07/11 10:56
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Thomas/ Potter, du nimmst die Wörter immer sehr genau, z.B. schreibst du, dass dein Finger beim Tastendruck die Taste eigentlich nicht berührt, sondern die Abstoßung der Atome eine Berührung simuliert. Aber genau das versteht man ja geläufig unter Berührung, es hieß ja niemals, dass Atome sich ""berühren"" sollen.

Ähnlich ist es mit dem Apfel. Für dich ist ein einzelner Apfel ein Objekt, an dem sich alle anderen "Äpfel" zu messen haben ("Sondern jeder einzelne Apfel unterscheidet sich in Wahrheit von allen anderen Äpfeln."). Apfel ist aber nichts anderes als ein Überbegriff, eine Abstraktion einer Frucht, unter welche dann die einzelnen Exemplare fallen - oder aber eben nicht, wenn sie nicht das Kriterium Apfel erfüllen.

Quote:
Vieles in der Natur scheint auf dem ersten Blick einem mathematischen Gesetz, oder einem Naturgesetz zu folgen. Zum Beispiel scheinen alle Grashalme gleich zu sein.

Wie schon zuvor ist "Grashalm" nur ein Abstraktionsbegriff. Wenn man von mathematischen Gesetzen in der Natur spricht, meint man eigentlich etwas anderes:
Viele Prozesse in der Natur verlaufen bspw. gemäß der (natürlichen) Exponentialfunktion, der einzigen Abbildung (!= 0 mit exp(0) == 1), die gleich ihrer Ableitung (= Steigung/ Beschleunigung) ist. Aus dieser Abbildung lassen sich einfach Sinus und Cosinus konstruieren/ herausfiltern, mit welchen man jeden Kreis, jede Kugel und sonstiges darstellen kann. Die Kreiszahl Pi ist (halbiert) Nullstelle von Cosinus, von der eulersche Identität ganz zu schweigen. Die Frage ist also eher, ob solche Art von (mathematischen) Zusammenhängen im Bezug auf die Natur reiner Zufall sind, da hinkt ein Vergleich mit Grashalmen oder jeder anderen Abstraktion von Objekten dann etwas.


"Falls das Resultat nicht einfach nur dermassen gut aussieht, sollten Sie nochmal von vorn anfangen..." - Manual

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Re: jcl's Wörterbuch des Unendlichen [Re: Superku] #376897
07/07/11 14:43
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In den meisten Punkten stimme ich HarryPotter zu.
Besonder zu
"Meiner Meinung nach kann Mathematik sowieso kein Beweis für etwas sein.

Weil Mathematik ist etwas, was dem menschlichen Geist entsprungen ist. Mathematik ist nicht etwas, was im Universum real existiert, oder ein System nach dem das Universum aufgebaut ist. Sondern erst unser menschliches Gehirn hat die Mathematik erschaffen, um die komplexen Vorgänge in der Natur zu vereinfachen und besser verstehen zu können.
"

Ich würde es aber kürzer fassen, und zwar so "Die Mathematik existiert und stimmt solange sie von uns wahrnehmbar und anwendbar ist."

Würde ich einen Gegenstand fallen lassen, könnte ich sehr einfach ausrechnen wie lange es dauert bis der Gegenstand auf den Boden fällt (da wahrnehmbar). Aber dass es durchaus sein könnte, dass der Raum durch den der Gegenstand fällt gekrümmt ist und durch ein Zeitloch führt, und so der Ball in Seiner eigenen wahrnehmung vielleicht doppelt solange für den Weg braucht könnte ich als beobachter eventuel nicht sehen (nicht wahrnehmbar). So stimmt zwar trotzdem was ich ausrechne und letzendlich sehe, aber der Gegenstand für sich lacht über meine "falsche" Berechnung.


A8c, Blender, FlStudio, Unity3d
Re: jcl's Wörterbuch des Unendlichen [Re: maslone1] #376903
07/07/11 15:33
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"Subjektive Objektivität". Alles menschliche Wissen, jede Beobachtung, jede Errungenschaft basiert auf Erfahrungswerten, die vom menschlichen Gehirn abstrahiert wurden. Das Gehirn ist allerdings nicht objektiv und zeigt nicht die "Wahrheit", sondern nur diejenigen "Daten", die es aufnehmen und verarbeiten kann. Das sind Daten, die sich für unser tägliches Überleben im Laufe der menschlichen Evolutionsgeschichte für nützlich erwiesen haben. Und für diesen Teilbereich der Daten haben Menschen aus ihrem Erfahrungsschatz in den letzten Jahren eine Sprache der Logik und Sachzusammenhänge entwickelt. Diesen Anspruch hat die Mathematik, alles darüber hinaus ist jedoch unmöglich, weil sich unsere Seelen niemals von den Strukturen unserer Hirne lösen können werden. Was im übrigen auch gut so ist.

Nun stellt sich noch die Frage nach der Definition von "Existenz". Wenn man aus dem oben geschriebenen logisch schlussfolgert, gibt es keine uns bekannte Existenz. Alles ist relativ und steht immer im Verhältnis zu äußeren Umständen. Jeder von uns lebt in einer "Matrix", einer Scheinwelt. Die Welt, wie wir sie kennen, ist ein Abbild von empfangenen Daten von verschiedenen Sensoren ("Sinnesorganen"), die in unseren Hirnen ausgewertet werden. Die Seele macht im Endeffekt vereinfacht gesagt nichts anderes, als diese Daten nach verschiedenen Verfahren zu filtern und zu ordnen und dementsprechend Entscheidungen zu treffen.

Ich habe mir schon oft überlegt, dass eine künstliche Intelligenz in einem Computerspiel unheimlich viel mit der menschlichen Seele gemeinsam hat. Eine KI funktioniert nach dem if/else Prinzip und ist im Prinzip nichts anderes als ein relativ komplexer Automat, der möglichst geschickt auf äußere Umstände reagiert. "Wenn ich nur noch 20 Lebenspunkte habe, der Spieler eine bessere Waffe hat als ich, das Medipack in näherer Reichweite ist und ich deshalb ohne das Medikit kaum eine Chance zum Sieg habe, dann ist meine erste Priorität sachnellstmöglich das Medikit zu erreichen."
Dieses Vorgehen deckt sich genau mit den menschlichen Entscheidungen. Alle denkbaren meschlichen Denkvorgänge basieren auf den if/else Prinzipien. "Wenn ich Hunger habe, mein Geld jedoch unter einem Euro ist, ein McDonals und eine Tankstelle in Reichweite liegt, dann gehe ich in erster Priorität zur Tankstelle. Nebenher halte ich allerdings trotzdem nach einer Baumweise ausschau, um eventuell einen Apfel zu pflücken".

Was bedeutet das für unser Dasein? Die KI hat auf jeden Fall eines mit dem Menschen gemeinsam: Sie hat die Fähigkeit äußere Umstände zu analysieren und formt daraus eine möglichst rationale Entscheidung. Doch beide verbindet noch etwas anderes: Sie leben in einer Umwelt, die sie nicht verstehen können, weil ihr Geist auf einen bestimmten Einsatzzweck beschränkt ist. Zum Beispiel überleben. Die KI kann genausowenig den Programmcode des Spiels analysieren wie der Mensch den Programmcode der Natur identifizieren kann. Trotzdem hat der Mensch der KI eines vorraus: Die Fähigkeit Dinge abzuschauen und daraus eigene Regeln zu formen, die sich mit jenen Naturgesetzen, die im Rahmen des Bewusstseins ausgewertet werden können, decken.

Deshalb, ich wiederhole, ist all unser Wissen nur begrenzt "richtig". Es erfüllt sein Mittel zum Zweck, jedoch wird es uns den Kern dahinter niemals offenlegen. Nicht mit den Methoden, die bisher angewendet werden.


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