Originally Posted By: Lukas
Also das, was du da beschreibst, klingt eher nach der Reaktionszeit
Was genau ist denn für Dich die Reaktionszeit?
Das ist doch die Zeit, die benötigt wird, um Signale über die Nerven zu übertragen. Die Signale der Sinnesorgane zum Gehirn, und vom Gehirn zu den Muskeln.
Der Mensch reagiert doch immer so schnell wie möglich auf ein Ereignis. Zum Beispiel, wenn ein Ball auf Dein Gesicht zufliegt, wirst Du reflexartig die Arme vor das Gesicht halten, um den Ball abzuwehren. Dazu braucht man nicht lange nachzudenken. Das funktioniert "reflexartig". Wenn man aber z.B. betrunken ist, oder stark übermüdet ist, wird man den Ball nicht schnell genug abwehren können. Nicht, weil man länger zum Nachdenken braucht, sondern weil die Signale nicht schnell genug übertragen werden können.

Also die Reaktionszeit ist meiner Meinung nach die Zeit, die benötigt wird, um Signale über die Nerven zu übertragen. Das Denken ist natürlich auch so eine Signalübertragung (nur halt innerhalb des Gehirns).


Originally Posted By: Lukas
Das mit dem Mädchen am Rand hat ja auch mehr damit zu tun, wie du das Bild interpretierst
Wie schon gesagt: ich konnte das Mädchen genau beschreiben. Ich hatte mir nicht nur gedacht, dass der Baumstamm ein Mädchen sein könnte, sondern ich sah das Mädchen wirklich vor mir.
Es gab ja diesbezüglich viele Untersuchungen. Bei Halluzinationen sieht man wirklich Dinge, die es in Wirklichkeit nicht gibt. So können zum Beispiel Alkoholiker weiße Mäuse sehen. Unter Drogeneinfluss nimmt man die Umwelt auch ganz anders wahr (andere Farben, etc.). Und das liegt ja nicht an den Augen, sondern weil unser Gehirn beim "Berechnen" von dem Bild, das wir angeblich sehen, Fehler macht.

Es gab da einige lustige Experimente, die zeigen, wie genau wir unsere Umwelt tatsächlich wahrnehmen. Zum Beispiel eines, wo ein eingeweihter Mann A auf der Straße einen fremden Mann B angesprochen hat, und nach dem Weg gefragt hat. Bevor der Mann B antworten konnte, wurde kurz der Blickkontakt zwischen den beiden Personen unterbrochen (indem zwei Männer zwischen Mann A und B hindurchgegangen sind, und dabei eine große Holzplatte getragen haben, die die Sicht verdeckt hat). Und hinter dieser Holzplatte wurde der eingeweihte Mann A dann schnell durch einen anderen Mann C ausgetauscht. In fast allen Fällen war es so, dass der Mann B gar nicht bemerkt hatte, dass die Person A durch Person C ausgetauscht wurde. Er hatte dann einfach dem Mann C die Antwort auf die Frage nach dem Weg gegeben. Sogar unterschiedliche Kleidungsstücke sind nicht aufgefallen.
Nur wenn die Geschlechter unterschiedlich waren, also wenn ein Mann von einer Frau angesprochen wurde, oder eine Frau von einem Mann, dann hatte man wirklich bemerkt, dass die Person ausgetauscht wurde. Weil man in diesem Fall dann die andere Person viel intensiver wahrnimmt.

Es gab auch Studien, wo deutlich wurde, wie leicht Zeugenaussagen manipuliert werden können, und wie leicht sich Menschen täuschen lassen, ohne es selbst zu bemerken. Zum Beispiel wurde einmal ein schwerer Gegenstand von einer Brücke ins Wasser geworfen. Danach haben einige ausgewählte Personen gerufen, dass ein Kind ins Wasser gefallen ist. Und eine nicht eingeweihte Person, die den Vorfall gar nicht gesehen haben kann, weil sie mit dem Rücken zur Brücke stand, wurde danach befragt, was sie genau gesehen hat. Und obwohl sie nur das Geräusch vom Aufschlag ins Wasser, und die Stimmen der anderen (eingeweihten) Personen gehört hatte, hatte sie danach felsenfest daran geglaubt, dass sie das Kind gesehen hatte, wie es von der Brücke ins Wasser stürzte.

Also das was wir wahrnehmen (bzw. das was uns unser Gehirn als Realität vortäuscht), und die Realität, das sind meistens zwei komplett verschiedene Dinge. wink

In diesem Zusammenhang ist auch dieser Artikel hier recht interessant:
Das Vergessen - Einige Forschungsergebnisse zum Erinnern und zum "False-Memory-Syndrome"