Also in erster Linie ist der Ansatz "wir stellen uns euch vor" ganz interessant. Tatsächlich erhält man einen guten Einblick in die Arbeitsweise, in die Arbeitsphilosophie, wie sich die Belegschaft zusammensetzt, wie es da aussieht, was die so zusammen machen. Das ist richtig gut und auch an den Ständen kommt man sehr schnell ins Gespräch. Gerade die größeren Firmen geben sehr viel Auskunft, die kleineren plappern eher und wollen ihre Produkte und Visionen schmackhaft machen; auf seriöse Fragen antwortet man dann eher umständlich.

In der abschließenden Runde ist Heiko Klinge auch bemüht, den Personalern Details herauszulocken zu den Themen Gehalt, Urlaubstage, Elternzeit, Altersvorsorge und alles das was -über- den romantischen Charme des Spieleentwickelns hinausgeht. Die Personaler gehen damit schon unterschiedlich um und manche Fragen sind auch unbequem - und da sich die Firmen ja gut darstellen wollen, kann es sein, dass der ein oder andere Personaler dann sich positioniert, wenn die anderen eher zurückhaltend sind.

Wenn Du vorhast dich zu bewerben, ist das eine ideale Möglichkeit um den ersten Kontakt anzubahnen und nicht sofort aussortiert zu werden. Das verschafft dir dann für ein folgendes, echtes Bewerbungsgespräch eine deutlich überlegene Position, da du mit den Verantwortlichen bereits die Hände geschüttelt hast und man sich ja schonmal kennengelernt hat. Wenn man dann merkt, dass man auf einer Wellenlänge liegt, dann prophezeie ich gute Chancen bei anschließenden Verhandlungen.

Insgesamt lohnt es sich also wenn man kurz- oder längerfristig beruflich daran interessiert ist, einzusteigen, ansonsten eher nicht.

Was mich letztes Jahr störte und dieses Jahr wohl wieder stören würde ist die starke Ausrichtung an Browsergames, Social Media und Apps; einzig Blue Byte und Yager werden dann auch (noch) für klassische PC- und Konsolenentwicklung recruiten. Wenn ihr das toll findet, dann ab dahin ;-)

Je nachdem was man vorhat, sollte man sich auch gut vorbereiten. Ich empfehle allen, die sich vor Ort bewerben wollen eine Mappe anzufertigen mit Lebenslauf und Arbeitsbeispielen in Farbe und am besten auf Hochglanz. Insgesamt ist die Atmosphäre etwas lockerer als wie beim Careerstand auf der GamesCom, aber dafür ist man dann auch nicht ganz so intim, als wie wenn man in einer geschützten kleinen Box mit den Leuten reden kann wink

Vielleicht ist es auch sinnvoll statt einer Mappe individuelle Mappen für die jeweiligen Firmen und deren Ausrichtungen anzufertigen. Auch checken, welche Technologien zum Einsatz kommen, Yager arbeitet z.B. mit dem UDK, wer also da schon Erfahrung mit hat, unbedingt erwähnen - das senkt die Barriere für den Aufwand des on-the-job trainings. Da eventuell auch noch andere gute Bewerber sich auf diesselben Sachen stürzen wie man selbst, sollte man sich auch überlegen, ob man im Schlabbershirt mit Großdruck und Nerdy-Accessoires erscheint (cool, informell) oder im klassischen Hemd, Lederschuhe, eine gute Jeans und evtl. Sakko (elegant, seriös; Krawatte und Anzughose sind zu übertrieben). Ich habe mich letztes Jahr nicht beworben und hätte es auch nicht getan, so wie ich aussah ^^

Da das ein Recruitingevent ist, geht es auch um die Themen Gehalt, Urlaubstage, Arbeitszeiten, Überstunden, Altersvorsorge und sonstige Anreize. Die Personalerin von Yager hat am meisten erzählt und das Unternehmen hat mir den seriösesten Eindruck gemacht. Andere waren eher zurückhaltend, sehr umschreibend und ausweichend. Ihr müsst damit rechnen, dass weniger als 28 Urlaubstage Standard sind (Yager: 21!), keine Altersvorsorge angeboten wird (Ausnahme: Yager wink ), Überstunden zum Standard gehören, auch an Wochenenden und wenn, dann abzufeiern sind (aber auch nicht flexibel). Geworben wird mit familiärer Atmosphäre, regelmäßigen Beamer-Abenden mit Pizza (soll wohl die beschissenen Arbeitszeiten versüßen), Grillfeten, betriebliche Übergangswohnungen bis man selber was gefunden hat (GoodGame, Travian). Work Life Balance ist irgendwie kein Thema, ich hab das blöde Gefühl, dass man sich im Team zu Hause fühlen soll, mit einer gemeinsamen Schinderei fürs Spiel.

Über das Gehalt wird sich ausgeschwiegen. Es wird auf branchenübliche Gehälter verwiesen und die Leute sagen, das man davon gut leben kann. Ich konnte aber heraushören, dass bereits 36k brutto als Einstiegsgehalt als deutlich zu hoch eingeschätzt wird und sich die Gehälter weniger nach soliden Qualifikationen richten. Das ist gut für Quereinsteiger und Autodidakten, aber wer einen Gehaltssprung durch einen formalen Uniabschluss erwartet, naja, der wird eher enttäuscht (deshalb der Hinweis mit der 36k Grenze, da das im öffentlichen Dienst Stufe 13 das Einstiegsgehalt für Master/Diplomer ist). Nach eigenen Recherchen hin würde ich von einem Einstiegsgehalt zwischen 20-24k brutto ausgehen. Ich denke das ist auch der Grund, warum viele Browsergameentwickler mit hohen Expansionszahlen protzen.

Also generell fand ich den Event gut, hab aber seitdem einen ziemlich faulen Geschmack auf der Zunge.

Last edited by HeelX; 03/16/13 19:39.