Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume

Posted By: Harry Potter

Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 22:02

Hallo zusammen!

Wie ich schon in einem anderen Topic angekündigt hatte (Wer ist an Burgenforschung interessiert?), werde ich hier, zusammen mit euch, Schritt für Schritt versuchen, eine Burg zu rekonstruieren.
Ziel des ganzen ist es, echte französische Burgen und Burgruinen historisch so korrekt wie möglich für mein Spiel/Projekt Pax et Bellum zu rekonstruieren.

Beginnen werde ich mit der Burg in Les Baux-de-Provence.

Hier der Link von Google Maps (auf die Karte klicken):

(Google Maps)

Damit ihr euch besser vorstellen könnt, wie die Burg ungefähr ausgesehen haben könnte:
... hier ist ein Foto von einem Rekonstruktionsversuch (ein Modell aus Gips, aufgestellt in der Kassahalle in Les Baux).
Darunter eine Luftaufnahme von Les Baux, so wie die Burgruine heute aussieht:



Da die Burganlage und das dazugehörige Dorf sehr komplex sind, werde ich die Rekonstruktion auf mehrere Topics aufteilen.

Dieser Topic hier befasst sich mit der Rekonstruktion der Innenräume der Burg. Speziell die Innenräume des Wohnturms Donjon).
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 22:05

Teil 1: Konsole in den Innenräumen

Beginnen wir mit etwas kleinem und einfachen. Eigentlich war es ein Rätsel, das ich vor ca. 2 Wochen selbst lösen konnte.
Aber mich würde interessieren, ob auch ihr dieses Rätsel lösen könnt. Bin gespannt, wer von euch der erste ist. wink

Es geht um eine Konsole in den Innenräumen des Donjons.
Zur Information: eine Konsole (oder auch Kragstein), ist ein Stein, der aus einer Mauer oder Säule "hervorspringt" (hervorkragt). Er diente als Sockel für Deckengewölbe (vor allem bei gotischen Kreuzrippengewölben), aber auch zur Auflage von Holzbalken (Deckenbalken), oder als Sockel für Steinfiguren/Statuen.

In unserem Fall hier handelt es sich um eine Konsole, die als Sockel für ein gotisches Kreuzrippengewölbe diente.
Im Mittelalter waren diese Stein-Konsolen fast immer mit Ornamenten und Figuren verziert. Meistens waren diese in Stein gemeisselten Figuren und Verzierungen im Mittelalter auch bunt bemalt. So wie auch die Deckengewölbe selbst sehr oft bunt bemalt waren.

Hier ein Beispiel von der Burg Tarascon, die nicht weit von Les Baux entfernt liegt, und in der es noch gut erhaltene Deckengewölbe mit Konsolen gibt:




Und so sieht unsere gesuchte Konsole in Les Baux aus:


(maximale Größe)

Meine Frage an euch ist nun: was ist auf dieser Konsole abgebildet?
Ich selbst habe schon erkannt, was es ist. Aber mich würde interessieren, wer von euch noch dahinterkommt.

Also wer ist der erste? wink
Posted By: WretchedSid

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 22:07

Ein Brony hoch zu Ross!
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 22:12

Originally Posted By: JustSid
Ein Brony hoch zu Ross!

Nah dran, aber falsch. grin
Posted By: WretchedSid

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 22:17

Das sieht aber total aus wie jemand auf einem Pferd o_O
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 22:39

Originally Posted By: JustSid
Das sieht aber total aus wie jemand auf einem Pferd o_O

Richtig. Aber das ist noch nicht alles.
Kleiner Hinweis: Auf der Konsole sind insgesamt 3(!) Lebewesen abgebildet.
Posted By: WretchedSid

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 22:42

Okay, unten links scheint noch eine Person zu kauern? Und ganz unten ist noch ein Drache der den Ritter auf dem Pferd anschaut.
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 22:50

Ritter ist richtig.
Pferd ist richtig.
Drache ist richtig (Drache mit Hundekopf - im Mittelalter wurden Drachen oft mit Köpfen von echten Tieren dargestellt. Zum Bespiel Köpfe von Reptilien, Hunden, aber auch Affen).

Aber wo siehst Du noch eine Person kauern?
Und der Drache schaut den Ritter nicht nur an.
Posted By: WretchedSid

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 22:56

Okay, dann ist das eher Feuer und nicht das Schwert vom Ritter. Und der Typ scheint auch eher das Bein von dem Drachen zu sein, hab mal hervorgehoben was ich meine: http://img7.imagebanana.com/img/stsvuzpj/asdasd.png

Achja, dafür erkenne ich jetzt links von dem Ritter etwas, also zumindest ist da ein Gesicht aber ich kann dem nichts zu ordnen... Ein Troll oder so etwas? Sieht ein bisschen aus wie der Dino aus dieser Serie wo das kleine Biest immer "Nicht die Mama" geschrien hat...
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 23:00

Originally Posted By: JustSid
Ein Troll oder so etwas?
Wohl kaum. Weder Brony noch Troll. grin
Posted By: WretchedSid

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 23:01

Mach halt bessere Bilder auf denen man auch was erkennt -.- tongue
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/15/11 23:09

Originally Posted By: JustSid
Okay, dann ist das eher Feuer und nicht das Schwert vom Ritter.

Feuer ist falsch. Schwert ist auch falsch.

Originally Posted By: JustSid
Und der Typ scheint auch eher das Bein von dem Drachen zu sein, hab mal hervorgehoben was ich meine

Ja, das sind die Beine des Drachen und der aufgeringelte Schwanz.

Originally Posted By: JustSid
Achja, dafür erkenne ich jetzt links von dem Ritter etwas, also zumindest ist da ein Gesicht aber ich kann dem nichts zu ordnen

Ja, das gibt auch mir noch Rätsel auf. Sieht irgendwie wie ein Totenschädel aus. Ich schätze, dass das einfach nur Verzierungen sind (Blumen oder ähnliches), die am Rand von der Konsole (links und rechts vom Ritter) angebracht sind. Vielleicht soll es auch Wolken im Hintergrund darstellen?!

Noch ein Tipp: der dargestellte Ritter ist eine berühmte Person (es gab sogar mal einen Film über ihn. Eigentlich eine Art Komödie mit Drachen). Das dargestellte Motiv ist auch berühmt, und wurde schon sehr oft dargestellt (auf Gemälden, etc.). Drache ist auch richtig. Vielleicht hilft jetzt Googeln weiter?! wink
Posted By: Xarthor

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/16/11 05:37

Ist es vielleicht der Heiligen Georg Ritter und der Drachen-Doen?


http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_%28Heiliger%29
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/16/11 09:47

@Xarthor: Richtig! Gewonnen! laugh

Es ist der Heilige Georg (Saint George), der mit einer Lanze einen Drachen tötet.

Hier noch weitere Darstellungen des Heiligen Georg:






Posted By: WretchedSid

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/16/11 10:01

Du hast drei Lebewesen gesagt, was und wo ist das dritte?
Posted By: Xarthor

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/16/11 10:25

1. Ritter
2. Pferd
3. Drache
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/16/11 10:26

Originally Posted By: JustSid
Du hast drei Lebewesen gesagt, was und wo ist das dritte?

Kannst Du nicht zählen?!? grin

1.) Ritter
2.) Pferd
3.) Drache

Und vielleicht (bin mir noch nicht sicher) kommt jetzt noch eine Prinzessin dazu?! Dein Troll hinter dem Pferd, könnte vielleicht der Rest einer Prinzessin sein?! Allerdings glaube ich das nicht so ganz (könnte auch ein zusammengeknoteter Pferdeschweif sein).

Aber auf einigen Abbildungen des Heiligen Georg wird hinter dem Ritter auch eine Prinzessin dargestellt. Zum Beispiel am 3. Bild weiter oben, und auf diesem Bild hier:



Wikipedia meint dazu:
Quote:
Die Drachenlegende des Georgs von Kappadokien ähnelt verschiedenen Rittermärchen. Der Unterschied liegt in der Aussage. Georg rettet die jungfräuliche Königstochter vor einer Bestie, dem Drachen, indem er diesen tötet. Die Königstochter ist ein Opfer, das der Drache von der Bevölkerung fordert. Das Land ist nach der Tötung befreit und Georg rät zur Taufe.

Posted By: Xarthor

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/16/11 10:34

@Harry Potter: Könnte mir gut vorstellen das dort noch ein Totenschädel (Zeichen für die früheren Opfer des Drachen) oder die Prinzessin abgebildet war. Doch der sehr schlechte Zustand macht das schwer erkennbar.

Hier noch ein Bild von St. Georg


edit:
@Harry: Wo wir gerade bei Drachen sind. Weißt du woher dieses Wesen "Drache" stammt? Also wie kamen die Menschen auf die Vorstellung dieses Wesens?

Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/16/11 11:41

Originally Posted By: Xarthor
Könnte mir gut vorstellen das dort noch ein Totenschädel (Zeichen für die früheren Opfer des Drachen) oder die Prinzessin abgebildet war.
Ja, daran hatte ich auch schon gedacht. Aber wenn es ein Totenschädel wäre, dann sollte der doch eher am Boden, in der Nähe des Drachen liegen. Und nicht links oberhalb des Pferderückens.

Originally Posted By: Xarthor
Doch der sehr schlechte Zustand macht das schwer erkennbar.
Ja, das ist das Problem. Einige Teile dürften sogar abgebrochen sein. Ich vermute, dass der Pferdekopf weggebrochen ist, und auch beim Bein des Drachen dürfte ein Stück fehlen.

Ich werde dann etwas später, wenn ich mehr Zeit habe, die Teile markieren, die 100%ig klar sind. Beim Rest müssen wir dann raten oder versuchen anhand von alten Darstellungen dahinterzukommen.
Wenn dann alles halbwegs klar ist, werde ich im nächsten Schritt ein 3D-Modell erstellen. Und dann können wir als nächstes darüber rätseln, mit welchen Farben der Stein früher wohl bemalt gewesen sein könnte.


Originally Posted By: Xarthor
Wo wir gerade bei Drachen sind. Weißt du woher dieses Wesen "Drache" stammt? Also wie kamen die Menschen auf die Vorstellung dieses Wesens?
Das wird wohl ein ewiges Rätsel bleiben. wink Bekannt ist, dass man schon im Mittelalter Knochen von Dinosauriern gefunden hatte. Vor allem beim Bau von Burgen, in Steinbrüchen, etc. entdeckte man immer wieder riesige versteinerte Knochen oder sogar ganze Dinosaurier-Skelette. Deshalb wahrscheinlich auch die Vorstellung, dass Drachen in Felsen lebten. Und viele Namen von Burgen, wie z.B. "Drachenfels", deuten darauf hin, dass man dort beim Bau Knochen gefunden hatte. Warum man aber glaubte, dass Drachen fliegen und Feuer speien könnten, weiß ich auch nicht. Und auch nicht, warum es auf der anderen Seite der Erde, in China, ebenfalls Vorstellungen von Drachen gab. Allerdings sahen die chinesischen Drachen etwas anders aus als die europäischen (eher wie Schlangen, und nicht wie Echsen).

Oft wurden im Mittelalter Drachen auch einfach nur als Symbol für das Böse verwendet. Also man glaubte gar nicht wirklich an Drachen, sondern sie symbolisierten einfach nur das Böse. Die Georgs-Legende mit dem Drachen entstand ja erst im Mittelalter, auf den Kreuzzügen (vorher war der Heilige Georg einfach nur ein Märtyrer, und hatte nichts mit Drachen zu tun). Möglicherweise sollte der Drache damals die bösen Ungläubigen (Sarazenen) darstellen, die von den christlichen Rittern bekämpft wurden.
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/21/11 02:25

So, es geht weiter.

Als erstes habe ich die Form des Drachen nachgezeichnet, damit man ihn deutlicher erkennen kann.
Und das ist dabei herausgekommen:


(hier klicken für maximale Größe)

Bei einigen Dingen war ich mir nicht 100%ig sicher. Diese Zeichnung entspricht jedenfalls jener Version, die ich momentan für die wahrscheinlichste halte.
Falls ihr anderer Meinung seid, sagt mir bitte bescheid. Vielleicht habe ich ja auch irgendetwas übersehen oder falsch gedeutet?!

Und nun zu den Bildern:
Links oben sieht man das Originalfoto mit 2-facher Vergrößerung, rechts daneben den Kopf des Drachen mit 4-facher Vergrößerung.

- Bei den Beinen des Drachen vermute ich, dass ein Stück vom Stein abgebrochen ist. Ich vermute, dass es sich bei (1) und bei (2) um Bruchstellen handelt, die früher einmal durch einen Oberschenkel verbunden waren (siehe Foto mit Zeichnung links unten).

- Der Schwanz des Drachen dürfte in einzelne Segmente (3) unterteilt gewesen sein. Es könnten auch große Schuppenplatten sein.

- Der Kopf ähnelt sehr stark dem eines Hundes. Es war im Mittelalter durchaus üblich, Drachen mit Tier-Köpfen von bekannten Tieren darzustellen (Füchse, Hunde, Amphibien, ja sogar Affenköpfe gab es). Man erkennt eine typische Hundeschnauze. Der Kopf ist Richtung Ritter gedreht, der dem Drachen eine Lanze in den Rachen stößt. Im Maul des Drachen kann man möglicherweise einen Zahn erkennen.

- Bei meiner ersten Version ging ich noch davon aus, dass nur ein einziges Auge zu sehen ist. Also dass der Kopf genau von der Seite dargestellt ist. Dann entdeckte ich allerdings dahinter einen Fleck, der wie das zweite, gegenüberliegende, Auge aussieht (4).

- Momentan bin ich davon überzeugt, dass es sich dabei um das zweite Auge handelt, da auch die Schädeldecke so aussieht, als ob sie von schräg oben dargestellt wurde. Diese flache Schädeldecke hat eine dreieckige Form, zur Stirn hin spitz zulaufend (5). Seitlich von dieser spitzen Stirn gehen dann die Augenbrauen weg. Und unter diesen Augenbrauen sitzen dann links und rechts die hervortretenden Augen, die mich ein wenig an die "aufgesetzten" Augen eines Chamäleons erinnern.



- Bei dem Objekt hinter dem Kopf war ich mir zunächst nicht ganz sicher, ob es sich um ein Ohr, oder um die aus dem Hinterkopf austretende Lanzenspitze handelt. Für eine Lanzenspitze ist es allerdings zu rund, und gebogen. Und man erkennt auch Formen, die typisch für ein Ohr sind.


Hier nun ein paar weitere Darstellungen von Drachen:


- Auf Abbildung A sieht man einen Drachen, dessen Schwanz in einzelne Segmente aufgeteilt ist. Bei "unserem" Drachen dürfte der Schwanz so ähnlich ausgesehen haben.

- Die Drachen auf Abbildung B und C haben ein Fell. Ich vermute, dass auch unser Drache mit einem Fell dargestellt war (was auch zum Hunde-ähnlichen Kopf passen würde). Beim Hals sieht man noch Spuren von diesem Fell. Nur der Schwanz sieht so aus, als ob er schuppig gewesen sein könnte. Da der Übergang zwischen Hals und Oberkörper des Drachen so aussieht, als ob dort lange Haare herunterhängen würden, vermute ich, dass nur der Kopf und der Hals behaart waren. Der Rest des Körpers hatte möglicherweise kleine Schuppen, und der Schwanz hatte große Schuppenplatten.

Drachen werde fast immer mit 3 Krallen dargestellt (siehe Bild B und C). Auf dem hinteren Fuß von unserem Drachen kann man deutlich 3 Zehen erkennen. Beim vorderen Fuß musste ich bei der Darstellung der Zehen ein wenig raten.
Posted By: Xarthor

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/22/11 08:47

Hm also das bei 5 könnte auch das Ohr sein. Ein spitzes, aufrecht stehendes Ohr (vgl. B und C).
Des Weiteren fällt noch eine nach links laufende Spitze dort auf wo du nun das Ohr eingezeichnet hast.
Wäre es möglich, dass der dargestellte Drache eine Art Mähne hat?
Posted By: Joey

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 09/22/11 16:02

das zweite Drachenbild (B) ist ja knuffig. Woher kommt das? (sorry für OT)
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 05/01/12 01:34

Originally Posted By: Joey
das zweite Drachenbild (B) ist ja knuffig. Woher kommt das? (sorry für OT)
Naja, das ist eine Buchmalerei aus dem Mittelalter.
Ich weiß aber jetzt nicht, aus welchem Buch es stammt (hatte das Bild irgendwo beim Googeln gefunden).

Aber ich könnte es Dir morgen heraussuchen. Habe nämlich erst kürzlich im Internet eine Manuskript-Datenbank entdeckt, und da kann man auch nach dem Erstellungsdatum suchen.
Und anhand der abgebildeten Rüstung kann das Bild eigentlich nur zwischen 1390 und ca. 1415 entstanden sein. Vermutlich in Frankreich oder England, oder eventuell auch Flandern (Niederlande).
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 05/01/12 02:34

Um das Thema hier zu einem Ende zu bringen:

Nachdem ich auf einem Foto (siehe unten) entdeckt hatte, dass die Konsole zu einer bestimmten Uhrzeit auch von der Sonne bestrahlt wird, hatte ich beschlossen, dass ich bei meiner nächsten Reise nach Les Baux noch weitere Fotos machen werde.
Das nachfolgende Foto stammt nämlich von 11:30 Uhr, und wie man sehen kann, ist die Konsole teilweise von der Sonne beleuchtet (man erkennt sehr gut den Hinterteil des Pferdes und den Rücken des Ritters). Dadurch könnte ich dann auch mehr Details erkennen als auf meinem bekannten Zoom-Foto, das am Nachmittag im Schatten aufgenommen wurde.

Wenn meine Theorie stimmt, dann müsste die Konsole am frühen Morgen, wenn die Sonne aufgeht und noch sehr tief steht, optimal beleuchtet sein. Ich hoffe, dass ich dann auch mehr Details, und vielleicht sogar Reste von Farbe erkennen kann.




Hier noch ein paar Details, über den abgebildeten Ritter (Heiliger Georg):

Ich habe versucht zu erkennen, wie das Pferd und die Rüstung des Ritters ausgesehen haben könnten.
Und das hier ist dabei herausgekommen (siehe Skizze auf Bild A unten):

  • Der Kopf des Pferdes dürfte weggebrochen sein. Die Bruchstelle habe ich bei (1) rot eingezeichnet. Der Kopf dürfte genauso abgebrochen sein, wie der Oberschenkel des Drachen (2). Man kann auch deutlich eine Pferdedecke erkennen, die dem Pferd übergeworfen wurde.
  • Beim Helm (3) handelt es sich meiner Meinung nach um eine Beckenhaube, wie sie so ca. 1370 bis 1400 in Frankreich und England üblich war (in Frankreich bezeichnet als "Bacinet à Bulbe"). Auf Bild (C) sieht man eine Buchmalerei aus dem Mittelalter, auf der dieser Helmtyp abgebildet ist. Auf den beiden Fotos (B) sieht man eine moderne Nachbildung dieses Helmtyps.
  • Beim Arm des Ritters kann man einen etwas breiteren "Ärmel" erkennen. Das dürfte ein kurzärmeliger Gambeson sein, wie er auch in einer Buchmalerei auf Bild (D) abgebildet ist (zweimal in grün, und einmal in rot). Man erkennt auch eine runde Scheibe für das Ellenbogen-Gelenk vom Armzeug (genauso eine runde Scheibe wie auf Bild (D).
  • Man kann auch deutlich einen Steigbügel und einen Fuß des Ritters sehen (5). Der Fuß ist nach unten gestreckt, genauso wie auf vielen mittelalterlichen Darstellungen wie z.B. in Bild (E). Beim Kniegelenk bin ich mir momentan nicht mehr sicher, ob meine Darstellung stimmt. Ich glaube jetzt eher, dass sich das Kniegelenk weiter rechts befindet, und das Bein angewinkelt ist. Ich hatte bisher auch nur eine einzige mittelalterliche Darstellung finden können, in der das Kniegelenk vom Beinzeug als runde Scheibe dargestellt war. Also wahrscheinlich ist die runde Scheibe eher eine Öse vom Sattelgurt.

Hier nun die Bilder:


Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 05/01/12 10:30

Originally Posted By: Joey
das zweite Drachenbild (B) ist ja knuffig. Woher kommt das? (sorry für OT)
Gefunden. laugh

Manuskript: Harley 4431 - The Book of the Queen
Seite: 120
Entstanden: 1410 - 1414
Entstehungsort: Paris, Frankreich
Zu finden in: British Library, zuvor Harley library
Das Buch stammt von Christine de Pizan (1365 bis 1430), einer französischen Schriftstellerin.

Originalbild der Seite:


Edit: Auf Seite 102 ist der "knuffige Drache" auf einem Wappenschild nochmal abgebildet: The Book of the Queen, Seite 102v
Hier noch weitere Seiten aus diesem Buch: Liste Suchergebnis
Posted By: JoGa

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 05/01/12 11:18

kann es sein, dass der heilige Georg etwas besonderes ist bzw eine "mittelalterliche Berühmtheit"?
Gerade sah ich die knuffigen Drachen, fragte mich, woher die eigentlich kommen bzw wie man auf das Aussehen der Drachen gekommen ist und schlug "Drachen" in wikipedia nach.
Und auch da ein Bild einer Skulptur des heiligen Georgs
sorry wegen OT :-S

das originalbild ist irgendwie komisch. Der Ritter kämpft gegen den Drachen und der Steinbock und die Kühe sitzen daneben und schauen zu - von wegen schreckhaft und Leib und Leben in Sicherheit bringen grin die ruhigen Fiecher schmälern irgendwie den Mut des Ritters grin

ps: was ich auf dem Bild toll finde ist, dass man da noch super sieht, dass die Drachen von den Seeschlangen inspiriert wurden - ein Körper ist da noch nicht so richtig zu sehen, im Grund eine Schlange mit Füßen
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 05/01/12 11:38

In einem Dokumentarfilm über Jeanne d'Arc hatte ich übrigens zwei Drachen entdeckt, die unserem Drachen verblüffend ähnlich sehen:


  • Der gleiche Hunde-ähnliche Kopf.
  • Der rechte Drache hat genau das gleiche Ohr.
  • Augen und Stirn sind sehr ähnlich.
  • Diese Drachen haben auch nur zwei Beine.
  • Hals, Körper und Schwanz sehen identisch aus. Jedoch ist der Schwanz glatt, und hat keine großen Schuppen, wie ich vermutet hatte. Vielleicht sind die Schuppen von unserem Drachen also doch nur verwittertes Gestein?!

Interessant sind die Farbreste, die man erkennen kann. Ich tue mir allerdings schwer, aus dem Bild, das aus einem Video stammt, die Farben zu erkennen (ich tippe auf rot oder braun, und grün oder blau?! Da die Farbe Blau weiter unten noch sehr gut erhalten ist, tippe ich eher darauf, dass der Drache eine andere Farbe gehabt haben muss, die die Zeit noch so gut überdauert hat). Leider weiß ich auch nicht, woher diese Drachendarstellung stammt (ich vermute, von einem Ort, der mit Jeanne d'Arc zusammenhängt - möglicherweise Schloss Chinon oder Loches?! Kann aber auch von einer Kirche sein).
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 05/01/12 12:29

Originally Posted By: JoGa
kann es sein, dass der heilige Georg etwas besonderes ist bzw eine "mittelalterliche Berühmtheit"?
Ja klar. Alle Heiligen waren im Mittelalter "berühmt". Die Menschen waren halt damals noch extrem gläubig, und glaubten auch, dass diese Heiligen soetwas wie Schutzengel sind, die ihnen Schutz bieten.

Interessant ist, dass in der ursprünglichen Legende vom Heiligen Georg noch kein Drache vorkam. Der Heilige Georg lebte ja tatsächlich. Er war einer der ersten Christen, und wurde im 3. Jahrhundert während der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian gefoltert und hingerichtet. Er war daher einer der berühmtesten christlichen Märtyrer.
Er wurde oft auch als edler Ritter dargestellt, der sein Land an die Armen verschenkt hat.
Erst zur Zeit der Kreuzzüge (12. Jahrhundert) kam dann der Drache hinzu. Der Drachenkampf soll den mutigen Kampf gegen das Böse darstellen. Vermutlich wurden da zwei Legenden vermischt. Die vom Heiligen Georg, und die vom Erzengel Michael, der den Teufel in Form eines Drachen aus dem Himmel vertrieben haben soll.
Quote:
Neues Testament,Offenbarung des Johannes: Im Himmel entbrannte ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen. Der Drache und seine Engel kämpften, aber sie konnten sich nicht halten, und sie verloren ihren Platz im Himmel. Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satanas heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt, und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen.

Es gab im Mittelalter viele verschiedene Legenden vom Heiligen Georg.
Diese Geschichten, bei denen es meist um den Kampf von Gut gegen Böse ging, waren damals so bekannt, wie heutzutage die StarWars-Filme. wink


Originally Posted By: JoGa
das originalbild ist irgendwie komisch. Der Ritter kämpft gegen den Drachen und der Steinbock und die Kühe sitzen daneben und schauen zu
Naja, diese Tiere haben wahrscheinlich eine symbolische Bedeutung. Der Steinbock stand im Mittelalter für Geschicklichkeit (weil sie so schnell und geschickt zwischen den Felsen hin und her springen können, ohne abzustürzen). Der Stier steht für Stärke. Vielleicht soll das einfach nur ausdrücken, dass dieser Kämpfer, der gegen das Böse (den Drachen) kämpft, sehr geschickt und stark ist?!

Originally Posted By: JoGa
ein Körper ist da noch nicht so richtig zu sehen, im Grund eine Schlange mit Füßen
Wie schon gesagt: der Drache symbolisierte im Mittelalter das Böse bzw. den Teufel. Wenn man an die Bibel-Geschichte von Adam und Eva denkt, dann hatte der Teufel im Garten Eden ja die Gestalt einer Schlange. Irgendwie wurde dann im Laufe der Zeit nach dem "Stille Post"-Prinzip aus der Schlange ein Drache. wink
Posted By: FBL

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 08/20/12 18:43

Weil ichs grad eben durch Zufall gefunden hab...

http://www.frankland.fr/photos-fr/5525258900368768529



witzig fand ich ja das hier...
http://lh3.ggpht.com/-S4u6YzD_MJ4/TK2puu....JPG?imgmax=620


....


http://i50.tinypic.com/s4xmvc.jpg

laugh
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Les Baux - Innenräume - 08/20/12 20:23

Haha, ja, das Katapult ist ein beliebtes Fotomotiv. Hab dort selbst schon ein paar Fotos mit menschlichen "Wurfgeschoßen" gemacht. smile
Auch der Pranger weiter oben ist ein beliebtes Fotomotiv. wink
Posted By: Harry Potter

Burgenrekonstruktion: Kragsteine in Avignon - 09/17/12 20:29

Dank meiner Untersuchung der Burg von Les-Baux habe ich soeben ein Rätsel lösen können, das mir schon seit längerer Zeit Kopfzerbrechen bereitet. smile

Schon seit längerem hatte ich mich gefragt, welche Funktion diese "Kragsteine" haben könnten, die manchmal bei Bogenkonstruktionen (Rundbögen oder Spitzbögen) angebracht sind, und die man vor allem im Süden Frankreichs häufig findet (besonders häufig in der Stadt Avignon).

Normalerweise werden Kragsteine (sie heißen so, weil sie aus der Mauer hervorkragen, also hervorstehen) dazu verwendet, um darauf irgendetwas aufzulegen. Zum Beispiel Holzbalken von einer Fußboden- oder Deckenkonstruktion, oder auch Erker. Manchmal dienen sie auch als "Konsole", also als Sockel, um darauf eine Statue abzustellen.

Aber die Kragsteine, die man in Avignon sowohl bei der Stadtmauer als auch beim Papstpalast findet (siehe Fotos ganz unten), scheinen keine sinnvolle Funktion zu haben. Bei meiner Suche in Büchern und im Internet habe ich auch keine sinnvolle Erklärung dafür finden können. Die Frage haben sich zwar schon mehrere Menschen gestellt, aber die offizielle Antwort scheint zu sein, dass es nur eine Art Schmuck/Verzierung ist, ohne besondere Funktion. Aber diese Erklärung hatte mir nie besonders gut gefallen. wink


Besonderheiten dieser Kragsteine:
Zum ersten mal sah ich diese Kragsteine bei der Stadtmauer von Avignon, genauer gesagt bei den "échauguette" genannten Türmchen, die an der Mauer zwischen zwei großen Türmen angebracht sind.

Ansicht von vorne:

Ansicht von hinten:


Wahrscheinlich sind diese kleinen Türmchen nachträglich in den Mauerabschnitten zwischen zwei großen Türmen hinzugefügt worden, um die Mauer noch zusätzlich zu verstärken. Um Steine zu sparen, hatte man unten diesen Bogen eingebaut. Er reicht aus, um das Gewicht der erhöhten Wehrplattform zu tragen, verbraucht aber nicht so viel Steinmaterial wie ein "echter" Turm.

Als ich die Kragsteine bei diesen Türmchen zum ersten mal sah (siehe auch Foto Nr. 1 und 2 unten), dachte ich zuerst, dass sie vielleicht als Auflage für einen Galgen-Balken gedient haben könnten. Also dass man Verbrecher als Abschreckung direkt an der Stadtmauer aufgehängt hatte, wo jeder sie sehen konnte.

Gegen diese Theorie spricht jedoch, dass es mittelalterliche Darstellungen der Stadtmauer von Avignon gibt, auf denen KEINE Balken dargestellt sind. Außerdem beginnt die Rundung des Bogens gleich an der Oberkante des Kragsteins. Wäre dort ein Balken angebracht gewesen, so sollte die Mauer zumindest in der Höhe des Balkens einen rechten Winkel bilden (siehe Foto 2). Und außerdem gibt es diese Kragsteine nicht nur an der Stadtmauer, sondern auch am Papstpalast von Avignon (siehe Fotos 3 bis 6).

Wie man am Papstpalast sehen kann, gab es diese Kragsteine sowohl bei Rundbögen, als auch bei Spitzbögen (Foto 3).

Man kann auch ausschließen, dass an diesen Kragsteinen eine Abdeckung (z.B. aus Holz) montiert war, um die Öffnung unterhalb des Bogens abzudecken. Weil am Papstpalast gibt es unter den Bögen manchmal auch Fenster, die bei einer Abdeckung ja verdeckt gewesen wären (Foto 3).

Auffällig ist auch, dass die Kragsteine an der Oberseite immer flach sind. Also optimal als Auflagefläche geeignet. Die Unterseite ist meistens abgerundet, und kann verschiedene Formen haben (konkav oder konvex abgerundet - siehe Foto 4).

Beim Papstpalast kommen diese Kragsteine bei sämtlichen Bögen vor. Unabhängig davon, ob diese Bögen eher niedrig sind, oder sehr hoch sind (Bild 6).


So, und jetzt darf das Rätselraten beginnen, bevor ich die Auflösung (bzw. meine Theorie dazu) hier poste! wink
Also, wozu könnten diese Kragsteine gedient haben?

Posted By: ventilator

Re: Burgenrekonstruktion: Kragsteine in Avignon - 09/17/12 20:48

hm... die kragsteine haben bei der fertigen burg keine funktion mehr, aber wenn ich mir die bilder so anschaue, waren die steine sicher recht praktisch um das holzgerüst darauf abzustellen, das für die errichtung der steinbögen benötigt wurde. laugh
Posted By: alibaba

Re: Burgenrekonstruktion: Kragsteine in Avignon - 09/17/12 21:35

Oder um nachts irgendwelche lichter draufzulegen/hängen? grin
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Kragsteine in Avignon - 09/17/12 22:13

Originally Posted By: alibaba
Oder um nachts irgendwelche lichter draufzulegen/hängen? grin
So vielleicht?!?
Nein, ich glaube, so wird es eher nicht ausgesehen haben. grin

Posted By: lemming

Re: Burgenrekonstruktion: Kragsteine in Avignon - 09/17/12 23:47

Zuerst dachte ich an Vogelnistplätze. Aber im Buch Kunst in Gemälden, Bildhauereyen, Gebäuden und Kupferstichen auf Seite 456 werden Figuren erwähnt, die auf den Kragsteinen stehen oder sitzen und "jeden Augenblick herunterzufallen schienen".
Posted By: Superku

Re: Burgenrekonstruktion: Kragsteine in Avignon - 09/18/12 00:14

Also dass es dort, wie in der Skizze beschrieben, keinen rechten Winkel gibt, halte ich für nicht so wichtig (angeschrägte Holzlatten usw.). Ich denke, diese Kragsteine waren dazu da, eine Art Holz-Schablone aufsetzen zu können, mit Hilfe welcher die Erbauer auf einfache Art und Weise Bögen um Bögen konstruieren konnten. War der Bogen geschlossen, hat man vermutlich einfach die Holzkonstruktion entfernt und für den nächsten verwendet.
Was sagt der Meister?
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Kragsteine in Avignon - 09/18/12 02:06

Originally Posted By: lemming
Zuerst dachte ich an Vogelnistplätze. Aber im Buch Kunst in Gemälden, Bildhauereyen, Gebäuden und Kupferstichen auf Seite 456 werden Figuren erwähnt, die auf den Kragsteinen stehen oder sitzen und "jeden Augenblick herunterzufallen schienen".
Nein, so tierfreundlich war man im Mittelalter nicht, dass man Vogelnistplätze errichtet hätte. Figuren auf Kragsteinen gab es jede Menge. Aber an der Innenseite der Bögen macht das wenig Sinn. Es gibt außerdem alte Darstellungen vom Papstpalast, auf denen keine Figuren zu sehen sind.


Hier kommt die Auflösung: wink

Die meiner Meinung nach richtigen Antworten kamen von Ventilator:
Originally Posted By: ventilator
die kragsteine haben bei der fertigen burg keine funktion mehr, aber wenn ich mir die bilder so anschaue, waren die steine sicher recht praktisch um das holzgerüst darauf abzustellen, das für die errichtung der steinbögen benötigt wurde.

und von Superku:
Originally Posted By: Superku
Ich denke, diese Kragsteine waren dazu da, eine Art Holz-Schablone aufsetzen zu können, mit Hilfe welcher die Erbauer auf einfache Art und Weise Bögen um Bögen konstruieren konnten.

Erklärung:
Bei der Burg von Les-Baux hatte ich bei den Fenstern vier quadratische Öffnungen bemerkt, die durch kleine Steine verschlossen wurden (siehe unten Bild Nr. 1).
Also hatte ich überlegt, wozu diese Löcher gedient haben könnten. Als einzige sinnvolle Erklärung fiel mir ein, dass es eine Hilfe beim Bau des Fensters gewesen sein könnte. Also dass an dieser Stelle eine Holz-Schablone befestigt war, an der die Steine für den Bogen ausgerichtet wurden. Diese Schablone sollte auch die Bogenkonstruktion stützen, solange sie nicht vollständig fertiggestellt war und der Mörtel noch nicht trocken war.

Auf den Bildern Nr. 2 und 3 sieht man so eine Holzschablone (die Fotos sind von der Burgbaustelle in Guedelon, wo mit mittelalterlicher Technik eine Burg nachgebaut wird). Beim Bau eines Tores oder bei einem Fenster mit Rundbogen oder Spitzbogen kann man diese Holzschablone normalerweise von unten durch ein Holzgerüst stützen. In Les-Baux ist das Fenster jedoch an der Unterseite abgeschrägt (siehe Bild), sodass ein Stützgerüst schwierig anzubringen war. Deshalb musste man die Schablone oben mit Balken befestigen, die durch die Löcher geschoben wurden. Nach Fertigstellung wurden die Löcher dann verschlossen.

Ich vermute, dass die Fenster deshalb unten abgeschrägt waren, damit bei tiefstehender Sonne mehr Licht ins Innere der Burg fällt. Die Burg liegt ja sehr hoch oben auf einem Felsen, sodass die untergehende Sonne tiefer liegt als das Fenster. Das kann man auf diesen Fotos hier (Fotos) sehr gut sehen. Die unteren Fenster mussten sehr schmal sein, damit ein Angreifer, nicht durch sie hindurchklettern kann. Gleichzeitig waren sie aber wie ein "Trichter" gebaut, damit möglichst viel Licht durch das Fenster scheinen konnte. Die Fenster der darüberliegenden Etage waren dann schon größer und rechteckig (siehe Bilder).



Und in Avignon hatte man genau das gleiche Problem mit der unten abgeschrägten Fläche, auf der man kein stabiles Gerüst aufbauen konnte.
Wie man auf der nachfolgenden Zeichnung bei der Seitenansicht gut sehen kann, ist die Mauer an der Unterseite abgeschrägt. Das hatte zwei Gründe. Erstens war es dadurch für Rammböcke schwieriger, den unteren Teil der Mauer zu durchbrechen. Und zweitens wurden von oben herabgeworfene Steine durch die schräge Fläche in Richtung der Angreifer abgelenkt. Heutzutage kann man diese schrägen Flächen in Avignon nicht mehr sehen, da die untere Hälfte der Mauer jetzt unter der Erde liegt (früher gab es vor der Mauer einen Graben, der inzwischen zugeschüttet wurde). Die Mauer ist dadurch heute nur noch halb so hoch wie im Mittelalter.



Beim Papstpalast gibt es unten ebenfalls diese schrägen Flächen. Außerdem ist der Bogen in vielen Fällen einfach viel zu hoch oben, um ein Gerüst zum Abstützen der Schablone bauen zu können. Dass man in Avignon Kragsteine anstatt der Löcher zum Befestigen der Holzschablone verwendet hatte, liegt vermutlich an der Größe der Bögen. Bei einem kleinen Bogen, wie beim Fenster in Les-Baux, reicht ein relativ schmaler Balken aus, um das Gewicht der Schablone und der Steine tragen zu können. Diesen schmalen Balken konnte man in ein Loch in der Mauer stecken, das kleiner war als die Höhe eines Quadersteines. In Avignon musste die Konstruktion ein deutlich höheres Gewicht tragen können. Die Balken wären also vermutlich zu dick gewesen, um sie in Löcher in der Mauer stecken zu können.
Posted By: alibaba

Re: Burgenrekonstruktion: Kragsteine in Avignon - 09/18/12 07:15

Ich war ja knapp dran grin
Posted By: Harry Potter

Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 01:58

Das Rätselraten kann weiter gehen.
Diesmal kenne ich die Antwort allerdings selber nicht. Ich habe zwar eine Vermutung, aber mal schauen, welche Ideen ihr so habt. wink

Wozu könnten diese Löcher gedient haben, die sich im Wohnturm (Donjon) der Burg von Les-Baux befinden?

  • Sie befinden sich jeweils links und rechts von einem Fenster, und durchdringen die Mauer.
  • Sie befinden sich entweder an der Stelle, an der der Bogen vom Fenster beginnt, oder auch etwas tiefer (siehe Foto 1 und Foto 8).
  • Sie sind nicht immer gleich groß. Manche sind quadratisch, manche sind rechteckig (siehe Foto 1).
  • Zwei Löcher konnte ich von innen untersuchen (siehe Fotos 3 bis 6). Die anderen Löcher liegen leider zu hoch, um sie von innen fotografieren zu können. Bei einem der beiden innen fotografierten Löcher gibt es eine Verengung zum Innenraum hin (Foto 6). Das Loch ist an der Außenwand quadratisch, an der Innenwand jedoch eher schlitzförmig (vergleiche Foto 3 und Foto 7).
  • Die Löcher müssen sich im Innenraum in einer Höhe von ca. 4 Metern befunden haben, und ca. 1,5 Meter unterhalb der Zimmerdecke (siehe Foto 8).
  • In der Burg gibt es auch einige Löcher für Holzbalken. Aber die durchdringen normalerweise nicht die Mauer.
  • Speziell für Lemming: Nein, ich glaube nicht, dass es Vogelnistplätze sind. grin

Fotos: (Hier klicken für vergrößertes Bild)
Posted By: Superku

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 02:45

Da die Löcher sich in unterschiedlichen Höhen befinden, kann man wohl die Funktion einer Konstruktionshilfe wie bei den Kragsteinen ausschließen. Ich kann mir vorstellen, dass die Menschen dort, wenn es sehr stürmte (und regnete), von außen Holzverkleidungen befestigt haben, indem sie durch die Löcher Holzlatten steckten, welche an dem eigentlichen Sturmschutz orthogonal befestigt waren. Auf der Burginnenseite der Wand ließen sich dann einfach Holzpins/-keile (mir fällt der entsprechende Ausdruck nicht ein) von oben durch Löcher in den Holzlatten stecken, um ein Herausfallen zu vermeiden (die Schwerkraft und Reibung übernahm das wohlmöglich sowieso schon zum Großteil). Die Verengung könnte dazu dienen, dass die Holzlatte einfach eingeführt (oh man) werden, aber einen sicheren Halt bieten kann.
Posted By: Damocles

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 07:26

Die sehen nachträglich hineingehauen aus.

Vielleicht hatte man da eine Eisenarmierung, Ketten oder ähnliche Zugkonstruktion reingezogen um die
Außenwände durch den Raum miteinander zu verbinden, weil die nunmer abgebrochene hintere Mauer instabiel geworden ist.

Da macht es Sinn diesen Durchbruch in der Nähe der Fenster zu machen,
wo man leichter an der Außenwand arbeiten kann.

Als später Eisendiebe die Ketten geklaut haben (Wertstoffhandel) ist
dann die hintere Mauer eingestürzt und hat die Diebe unter sich
begrageben.
Posted By: oliver2s

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 08:48

Ich meine Mal gehört zu haben, dass die Löcher irgendwas mit der Verteidigung der Burg zu tun haben, im Falle eines Angriffs.
Posted By: Damocles

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 10:25

Zum Zielen sind die viel zu klein.
Da kann man höchstens Schimpfwörter durchrufen.
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 11:04

Da waren schon mal ein paar gute Antworten dabei.
Ich gehe sie mal der Reihe nach durch:
Originally Posted By: Superku
Da die Löcher sich in unterschiedlichen Höhen befinden, kann man wohl die Funktion einer Konstruktionshilfe wie bei den Kragsteinen ausschließen.
Ja, das denke ich auch. Auch dass daran ein um den Turm herumlaufender hölzerner Wehrgang (Hurde) befestigt war, kann man dadurch ausschließen. Dagegen spricht auch, dass es die Löcher nur im Bereich der Fenster gibt. Daher müssen sie irgendetwas mit den Fenstern zu tun haben.

Originally Posted By: Superku
wenn es sehr stürmte (und regnete)
Das glaube ich nicht. Es gibt zwar dort den Mistral, einen sehr unangenehmen Wind. Aber der kommt immer aus der selben Richtung. Eine der Mauerseiten mit den Fenstern wäre zwar diesem Wind ausgesetzt, die andere würde jedoch im Windschatten liegen. Trotzdem gibt es die Löcher auf beiden Mauerseiten. Die Fenster sind auch eher klein, und die Glasscheiben waren mit Eisenstangen befestigt (man kann auf den Bildern Nr. 7 und Nr. 9 die kleinen Löcher für die Eisenstangen sehen, an denen die Glasscheibe montiert war). Also ich denke, die müssen einen Sturm ausgehalten haben. Wenn der Wind ein Problem gewesen wäre, hätte man außerdem nicht im Stockwerk darüber die großen rechteckigen Fenster verwendet (auf Bild Nr. 2 kann man noch die untere Hälfte von so einem Fenster sehen). Es gibt in der Nähe der Burg auch ein großes Haus eines Adeligen, das ebenfalls noch aus dem Mittelalter stammt, und das ebenfalls große rechteckige Fenster verwendet. Dort gibt es solche Löcher jedoch nicht.

Die Löcher scheinen also etwas mit dieser speziellen Fensterform zu tun zu haben. Ich habe solche Löcher bisher auch bei keiner anderen Burg finden können. Auch Kirchen haben oft eine ähnliche Fensterform, jedoch ohne diese Löcher.

Originally Posted By: Superku
Auf der Burginnenseite der Wand ließen sich dann einfach Holzpins/-keile (mir fällt der entsprechende Ausdruck nicht ein) von oben durch Löcher in den Holzlatten stecken, um ein Herausfallen zu vermeiden
Ja, daran hatte ich auch schon gedacht. Also eine Abdeckung aus Holz, die an der Innenseite der Mauer durch einen Keil fixiert war, sodass man die Abdeckung von außen nicht entfernen konnte. Aber nicht als Schutz vor Wind, sondern als Schutz vor Angreifern, um zu vermeiden, dass sie das Fenster durchbrechen. Das wäre eine mögliche Erklärung.

Allerdings spricht eher dagegen, dass die Öffnungen relativ weit oben sind. Besser geeignet wären Öffnungen im mittlerer Höhe, oder im besten Fall sogar Löcher oben und unten. Auch spricht dagegen, dass sich die Schächte an der Innenseite verengen. Das erschwert ja nur das Hindurchschieben von Balken. So eine Verengung wird normalerweise bei Schießscharten und bei kleinen Fenstern als Schutz vor eindringenden Pfeilen verwendet. Ein Pfeil, der nicht exakt im rechten Winkel auf die Mauer und das Loch trifft, würde an der Kante von dieser Verengung abprallen.

Originally Posted By: Damocles
Die sehen nachträglich hineingehauen aus.
Könnte sein. Aber auf jeden Fall stammen sie aus dem Mittelalter, da der Donjon noch im Mittelalter zerstört wurde, und, im Gegensatz zur restlichen Burg, danach nicht mehr bewohnt wurde, und auch nicht mehr umgebaut wurde.

Auch wenn die Löcher vielleicht im Nachhinein hineingehauen wurden - die Löcher sind jedenfalls bewusst eher klein gehalten worden. Nur bei Fenster F2 haben die Löcher genau die Höhe eines Steinquaders. Bei den anderen Fenstern haben sie teilweise auch nur die halbe Höhe eines Steinquaders. Auffällig ist, dass gerade das Loch B von Fenster F3 besonders klein ist (es ist auch das Fenster mit der größten Verengung an der Innenseite). Das könnte daran liegen, dass sich dieses Loch, im Gegensatz zu den anderen Löchern, für einen Angreifer fast in Augenhöhe befindet. Die kleine Größe (fast nur die halbe Höhe des Steines) und die besonders stark ausgeprägte Verengung könnte ein Schutz gewesen sein, damit man nicht so leicht mit Pfeilen hineinschießen kann. Das spricht meiner Meinung nach auch dafür, dass diese Öffnungen im Mittelalter nicht verschlossen waren.

Originally Posted By: Damocles
Ketten ... weil die nunmer abgebrochene hintere Mauer instabiel geworden ist.
Das kann ich mir nicht vorstellen. Da hätte man eher Stützpfeiler an der instabilen Außenwand gebaut. Außerdem war die Seitenwand (Foto Nr. 2) ganz bestimmt nicht instabil (sie steht ja heute noch), und Löcher gibt es dort auch. Außerdem liegt gegenüber von Fenster F3 eine Innenmauer, die keine Löcher hat.

Originally Posted By: Damocles
Als später Eisendiebe die Ketten geklaut haben (Wertstoffhandel) ist dann die hintere Mauer eingestürzt und hat die Diebe unter sich begrageben.
Und die Nachfrage nach Ketten stieg, wodurch sich der Marktpreis für Ketten erhöhte, ... hehe, nein, Du denkst zu WIRTSCHAFTLICH (Wertstoffhandel). Die Geschichte klingt zwar spannend, aber die Mauer wird wohl doch eher beim Angriff auf die Burg zerstört worden sein. wink

Originally Posted By: oliver2s
Ich meine Mal gehört zu haben, dass die Löcher irgendwas mit der Verteidigung der Burg zu tun haben, im Falle eines Angriffs.
Ja, wie schon gesagt, gibt es solche Verengungen oft bei Schießscharten, um sie sicherer zu machen. Allerdings spricht die Tiefe des Schachtes gegen eine Schießscharte. Die Mauer ist dort einfach zu dick für eine Schießscharte. Man könnte durch die Löcher nur in genau eine Richtung schießen (da sich die Burg oben auf einem Felsen befindet, könnte man nur in den Himmel schießen). Bei Schießscharten gibt es normalerweise an der Innenseite der Mauer eine Nische, sodas die Mauer an der Stelle, wo sich die Schießscharte befindet, nur sehr dünn ist. Außerdem wäre es für eine Schießscharte zu hoch oben. In 4 Meter Höhe macht eine Schießscharte, bei der man noch dazu nur im rechten Winkel zur Mauer hinausschießen könnte, nur wenig Sinn.

@Damocles: Schimpfwortlöcher wären eine mögliche Erklärung. grin
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 11:14

Hier mal meine Theorie zu den Löchern (wir können dann ja trotzdem weiter raten und weiter diskutieren):

Mein erster Gedanke war, dass es vielleicht Rauchabzugs-Löcher für Fackeln waren, die an der Innenseite neben den Fenstern angebracht waren. Außerdem würden die Fackeln so mehr Sauerstoff bekommen. Allerdings bin ich davon wieder abgekommen, da es für die Fackeln zusätzlich noch kleine Löcher an der Wand geben müsste, wo die Halterungen für die Fackeln montiert waren. Und die gibt es nicht. Außerdem hatte man zu der Zeit, als die Burg bewohnt war, schon eher Kerzen verwendet als Fackeln.

Momentan glaube ich aber eher, dass es einfach nur Lüftungslöcher waren. Weil die Fenster waren ja fix verglast, und konnten nicht geöffnet werden (die Löcher für die Eisenstangen zeigen, dass man diese Fenster nicht öffnen konnte). Also waren die Löcher vielleicht die einzige Möglichkeit, dass genügend Luft in die Räume gelangt. Bei großen Kirchen oder Kathedralen, die ja ebenfalls Fenster haben, die sich nicht öffnen lassen, ist das wahrscheinlich kein so großes Problem wie bei relativ kleinen Räumen, wo die Luft schneller verbraucht ist.

In den oberen Stockwerken konnte man dann große rechteckige Fenster benutzen (weil ein Angreifer dort oben nicht so leicht hineinklettern konnte), die man auch öffnen konnte.

Also ich denke, es waren einfach nur Lüftungsschächte, die man vielleicht mittels Holzdeckel an der Innenseite auch verschließen konnte?!
Posted By: gri

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 11:18



ja ich denke auch daß es Lüftungslöcher sind. Und immer um ein Fenster angeordnet damits nicht anläuft.
Posted By: Damocles

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 11:25

Wenn ein Feind sich am Fenster zu schaffen macht, könnte man
eine Eisenstange mit einem Morgenstern durch das Loch stecken,
und dann diesen pendeln lassen.

Eine Abschusseinrichtung für berennendes Öl vielleicht?

Vielleicht waren das aber auch nur Aussparungen für
irgendwelche Figuren die da mal befestigt waren.
(im Nachhinein eingebaut)

Ich tip aber hauptsächlich auf Schimpfwörter.
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 12:20

Originally Posted By: Damocles
Wenn ein Feind sich am Fenster zu schaffen macht, könnte man
eine Eisenstange mit einem Morgenstern durch das Loch stecken,
und dann diesen pendeln lassen.
Da wäre es wesentlich einfacher, von oben vom Turm Steine hinunterzuwerfen. wink Durch das Loch passt ja höchstens ein kleines Morgensternchen. wink

Originally Posted By: Damocles
Eine Abschusseinrichtung für berennendes Öl vielleicht?
Auch hier wäre es sinnvoller, das Öl oben vom Turm hinunterzuschütten.

Originally Posted By: Damocles
Vielleicht waren das aber auch nur Aussparungen für
irgendwelche Figuren die da mal befestigt waren.
Und die Schächte waren dazu da, dass man sie von außen und von innen sehen konnte?! grin

Originally Posted By: Damocles
Ich tip aber hauptsächlich auf Schimpfwörter.
Dafür konnte man es auf jeden Fall verwenden. wink
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 12:38

Originally Posted By: gri
ja ich denke auch daß es Lüftungslöcher sind. Und immer um ein Fenster angeordnet damits nicht anläuft.
Ja, die Lüftungsschacht-Theorie gefällt mir auch immer besser. Jetzt sogar noch besser als noch vor einer Stunde. smile

Als ich vorhin geschrieben hatte, dass diese Lüftungslöcher bei Kälte eventuell verschlossen werden konnten, hatte ich daraufhin überlegt, wie so ein Verschluss aussehen könnte. Und am sinnvollsten scheint mir nur diese Lösung hier zu sein (habe mal schnell mit 3dsMax ein Modell davon erstellt):



Und siehe da, als ich mir dann die Verengung genauer angeschaut hatte (siehe Foto oben), hatte ich bemerkt, dass der linke Stein (von außen betrachtet der linke Stein) eine Einkerbung hat (bzw. beschnitten wurde).
Der Stein ist so geschnitten (siehe roter Pfeil), dass die Kante vom linken Stein in einer Linie mit der Kante vom rechten Stein liegt. Damit das hintere Ende von meiner Verschlussdeckel-Kontruktion gut sitzt. Gleichzeitig ist die Kante nach oben hin gekrümmt. Das heißt, je stärker man den Griff von meinem Deckel gegen den Uhrzeigersinn drehen würde, desto fester sitzt der Deckel. Man kann ihn so lange drehen, bis der "Riegel" oben an der Kante vom Stein anstößt. Dann sitzt der Deckel perfekt, und dichtet gut ab.

Auch in dem anderen Loch (Loch A) kann man eine Verengung erkennen. Die ist zwar nicht so stark ausgeprägt wie bei Loch B, aber wenn man genau schaut, kann man sie erkennen.

Die Verengung diente also nicht nur zum Schutz vor eindringenden Pfeilen, sondern sie war wahrscheinlich auch dazu da, einen Deckel zu befestigen.
Ich glaube, das Rätsel ist somit gelöst. smile
Posted By: lemming

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 13:04

Ja, aber das Brett ist doch (gezwungenermaßen) größer als die Öffnung. Wie bekommt man das nach draußen? Selbst wenn der Deckel allein diagonal durchpassen würde, wie bekäme man die Klemme dran?
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 13:17

@lemming: Wieso willst Du das Brett nach draußen bringen? Der Deckel wurde sicher nur INNEN angebracht, also an der Innenwand von den Wohnräumen. Damit im Winter die Kälte draussen bleibt.

Man musste einfach nur im Inneren der Burg auf eine Leiter klettern (da die Löcher ja in ca. 4 Meter Höhe waren), den Griff vom Deckel nach oben drehen (0 Grad), dann den Deckel auf das Loch stecken, den Griff ca. 90 bis 100 Grad gegen den Uhrzeigersinn drehen bis er sich nicht mehr weiter drehen lässt, und schon war das Loch dicht verschlossen.
Posted By: Damocles

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 13:29

Ich bin immer noch der Meinung, daß im Orginalzustand diese Löcher nicht da waren.
Höchstens später reingeschlagen wurden.
(sie sind sehr unsauber gemacht, warum so viel Arbeit in die Details
der Fenster stecken,
wenn man dann daneben so ein hässliches Loch reinhaut)

Bei der Rekonstrution würd ich die Weglassen.
Posted By: lemming

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 13:59

Originally Posted By: Harry Potter
@lemming: Wieso willst Du das Brett nach draußen bringen? Der Deckel wurde sicher nur INNEN angebracht, also an der Innenwand von den Wohnräumen. Damit im Winter die Kälte draussen bleibt.


Ich hab mir eben selbst ein Facepalm gewidmet. ^^ Habs wohl versucht mit nem Fensterladen zu vergleichen.

Originally Posted By: Damocles
Ich bin immer noch der Meinung, daß im Orginalzustand diese Löcher nicht da waren.


Gut möglich.
Burgherr: "Puh, ganz schön stickig hier. Huch! Das Fenster läuft auch an. Steinmetz! Mach, dass es weg geht!"
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 14:21

Originally Posted By: Damocles
Ich bin immer noch der Meinung, daß im Orginalzustand diese Löcher nicht da waren.
Höchstens später reingeschlagen wurden.
Das glaube ich inzwischen nicht mehr. Weil wenn man sich die Innenseite dieser Verengung ansieht (siehe roter Pfeil), dann ist die sauber zugeschnitten worden. Soetwas kann man schwer im Nachhinein von außerhalb des Schachtes machen.
Außerdem ist das Loch zu schmal, und die Mauer zu dick, um einen halbwegs sauberen Schacht "reinschlagen" zu können. Das Loch ist ja nicht viel größer als eine Faust, und die Mauer ist mehr als einen Meter dick. Es ist ziemlich schwierig, so einen Schacht zu bohren, noch dazu einen mit einem rechteckigen Durchmesser. Und wenn ich mir das Foto von Loch B anschaue, dann sehen die Steine innerhalb des Schachtes nicht so aus, als ob da etwas herausgehauen wurde. Das sieht mir nach den original Kanten und Flächen von Steinquadern aus. Die Steine wurden also von Anfang an so platziert, und nicht nachträglich behauen.

Originally Posted By: Damocles
sie sind sehr unsauber gemacht, warum so viel Arbeit in die Details der Fenster stecken, wenn man dann daneben so ein hässliches Loch reinhaut
So unsauber sind die Löcher doch gar nicht. Okay, sie sehen inzwischen durch die Verwitterung etwas "ausgefranst" aus. Aber ich denke, dass die Mauer früher eher so ausgesehen hatte, wie auf meinem rekonstruierten Bild hier:



Und das sieht dann eigentlich gar nicht so hässlich aus. Dass man beim Bau der Burg nicht sehr sauber gearbeitet hatte, kann man auch an vielen anderen Stellen sehen. Schau Dir z.B. mal von meinen vorherigen Fotos das Foto Nr. 8 an. Da sieht man deutlich, dass das rechte von den 3 Fenstern größer ist als die anderen beiden. Also man hatte eher nach Augenmaß gebaut, und nicht genau abgemessen.

Dass Bögen, also z.B. die Bögen von den Fenstern, sauber bearbeitet werden mussten, hatte noch einen anderen Grund. Diese Bögen wurden ja nicht aus optischen Gründen so gemacht, sondern sie mussten die Kräfte, die durch die Mauer von oben nach unten drückten (also das Gewicht der Mauersteine oberhalb des Fensters), entlang des Bogens seitlich ableiten. Damit das Fenster nicht einbricht. Und da war es sehr wichtig, dass die Kanten schön sauber geschliffen waren, damit die Kräfte abgeleitet werden, ohne dass sich die Steine verschieben.

Ansonsten wurde an der Burg aber eher unsauber gearbeitet. In dem Tunnel, in dem ich war (der alte Zugang zur Burg), konnte ich das sehr gut sehen. Weil dieser Tunnel war ja vor Verwitterung geschützt, und ist normalerweise auch nicht für Touristen zugänglich. Der müsste also noch ziemlich genau so aussehen wie damals im Mittelalter.

Und man merkt in dem Tunnel deutlich, dass nicht sehr sauber gearbeitet wurde. Bei einer Stufe sieht man, dass ein Stück vom Felsen gar nicht weggehauen wurde (siehe Foto unten). Und die Stufen waren auch nur sehr grob behauen. Was sicher praktisch war, weil man nicht so leicht ausrutschen konnte als auf glatten Stufen. Der Nutzen der Burg war also offensichtlich wichtiger als das Aussehen.

Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 14:49

Kleine Korrektur: Die Abdeckung wird vermutlich eher so ausgesehen haben (mein erster Entwurf würde nicht fest genug sitzen):


Posted By: Superku

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 15:35

Sieht gut und richtig aus.
Posted By: FBL

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 17:25

Ich hab das jetzt nicht alles gelesen, aber wenn ich das richtig sehe sind die Löcher nach draußen abschüssig?

An Schießscharten glaube ich nicht, dafür ist die Verteilung in Fensternähe zu auffällig.
Aber mit dem Gefälle nach außen dürfte zumindest bei Sturm wenig vom Sauwetter "reinlaufen"... ich vermute das war einfach zur Belüftung.

Evtl. war das ja auch wegen der Fenster nötig, da man bestimmt Temperaturunterschiede hatte (Hitze draußen, eher kühl, feucht im Innern).

Ich habe in einem meiner Bücher etwas Interessantes gefunden, auch wenn das hier vermutlich eher nicht relevant ist. Zumal man doch dann die Löcher später wieder verschlossen hätte...

vielleicht ja eine interessante Geschichte für die weitere Rekonstruktion.
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Rätselhafte Löcher neben Fenster - 09/19/12 18:23

Originally Posted By: Firoball
Ich hab das jetzt nicht alles gelesen
Schwerer Fehler. grin

Originally Posted By: Firoball
aber wenn ich das richtig sehe sind die Löcher nach draußen abschüssig?
Nein, abschüssig sind sie nicht. Zumindest nicht die beiden Löcher, in die ich hinein fotografiert hatte.

Originally Posted By: Firoball
ich vermute das war einfach zur Belüftung.
Ja, das war auch meine Vermutung.

Originally Posted By: Firoball
Ich habe in einem meiner Bücher etwas Interessantes gefunden, auch wenn das hier vermutlich eher nicht relevant ist. Zumal man doch dann die Löcher später wieder verschlossen hätte...
Ja, diese Balkenlöcher für das Baugerüst gibt es sehr oft bei Burgen. Allerdings gehen diese Löcher nie durch die gesamte Mauer hindurch, sondern sie waren nur ein paar cm tief. Manchmal wurden diese Balkenlöcher nach Fertigstellung der Burg verschlossen (meist mit einem Holzklotz), aber sehr oft hatte man sie auch offen gelassen. Schließlich gab es fast ständig Reparaturarbeiten an einer Burg.
Posted By: Harry Potter

Re: Burgenrekonstruktion: Neue Innenräume erforscht - 07/18/14 18:50

Letzte Woche konnte ich die Erforschung der Burg von Les-Baux-de-Provence ein wenig fortsetzen (diesmal zusammen mit meinem 16-jährigen Neffen).

Und obwohl ich das Pech hatte, dass ich meine Drohne (Quadcopter) verloren hatte, mit der ich ursprünglich die zu Fuß nicht zugänglichen Innenräume der Burg erforschen wollte, hatte ich dann doch auch Glück im Unglück. Weil die Innenräume des Wohnturms (Donjons) waren diesmal nicht abgesperrt. Früher war der Zugang immer mit einem Eisengittertor und einem Vorhängeschloss versperrt gewesen. Irgendjemand dürfte aber jetzt das Schloss entfernt haben, oder vergessen haben, abzusperren. smile

Somit konnte ich also jetzt auch die beiden untersten Räume im Wohnturm erforschen.
War aber nicht so einfach, da es dort ein dichtes Gestrüpp gab, mit vielen Dornen (ich musste für dieses Abenteuer einige Tropfen Blut opfern grin ).
Da kam dann in mir wieder dieses "Indiana Jones"-Gefühl auf. smile

Hier ein paar Fotos:


Entdeckt hatte ich dabei ein paar Türen (oder was davon noch übrig ist).
Somit weiß ich zwar jetzt, wie die unteren Räume miteinander verbunden waren. Aber wie man vom unteren Stockwerk ins obere hinaufkam, ist mir immer noch ein Rätsel.

Auch einen seltsamen "Ausguss-Stein" hatte ich entdeckt (so eine Art Waschbecken). Das könnte vielleicht darauf hindeuten, dass in diesen Räumen unten früher mal die Küche war.

Und dann fand ich noch einen Konsolenstein für ein Kreuzrippengewölbe, auf dem drei Gesichter abgebildet sind (siehe Fotos oben).
Meine Vermutung ist, dass es die Heiligen Drei Könige darstellen soll (Kaspar, Melchior und Balthasar). Weil der Legende nach soll ja Balthasar die letzten Tage seines Lebens in Les Baux verbracht haben. Und er wird auf einigen Darstellungen in Les Baux immer als Schwarzer dargestellt. Und das dritte Gesicht auf dem Konsolenstein hat eindeutig afrikanische Gesichtszüge.

Übrigens ein interessanter Artikel aus Wikipedia über die Heiligen Drei Könige:
Quote:
In den Mysterienspielen zum Dreikönigsfest des Mittelalters erfährt die Dreikönigslegende weitere Ausgestaltungen, besonder im Hinblick auf die Herkunft: So sind in einem deutschen Mysterienspiel aus dem 14. Jahrhundert Melchior König von Arabien, Balthasar von Saba und Caspar von Chaldäa.
Dagegen stammen in französischen (z.B. Rouen,Compiègne) Mysterienspielen ab dem 11. Jahrhundert die Könige aus den damals bekannten drei Kontinenten Europa, Asien und Afrika.
Ab dem 12. Jahrhundert wurde in der künstlerischen Darstellung einer der drei Könige zum Mohren mit dunkler Hautfarbe.
Dabei wird meistens der jüngste König Caspar als Mohr dargestellt. Doch finden sich bereits in anderen frühen Quellen Melchior und mitunter auch Balthasar als die Vertreter Afrikas.
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