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Re: Tolles Fachwissen: Politik [Re: Machinery_Frank] #392660
01/25/12 16:01
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Ja, im Grunde genommen hatte er nur gesagt, dass Regime irgendwann von selbst verschwinden. So wie jede militärische Großmacht im Laufe der Geschichte wieder verschwunden ist.
Weil ja größer und stärker eine Großmacht wird, desto mehr Gegner hat sie. Weltherrschaft durch Militär und Gewalt ist etwas, was nicht funktionieren kann.

Und Ahmadinedschad hatte sich eigentlich immer schon für Frieden ausgesprochen. Weil ein Land hat nur dann eine Zukunft, wenn es sich anderen Ländern gegenüber friedlich verhält. Und er hatte auch immer wieder betont, dass der Iran keine Atomwaffen braucht (mit Atomwaffen kann man sowieso keine Kriege führen, ohne selbst vernichtet zu werden. Und der Iran hat ja schon seit vielen Jahren genügend konventionelle Raketen und Bomben, um theoretisch Israel auslöschen zu können. Aber er hatte diese Waffen nie eingesetzt). Und zur Selbstverteidigung braucht der Iran dank Bündnissen mit anderen Atommächten (Russland) auch keine Atomwaffen. Also ich halte das durchaus für logisch nachvollziehbar, dass der Iran keine Atombomben haben möchte.

Dass sie aber unbedingt Brennstäbe für ihr Kernkraftwerk benötigen (weil sie nicht wie bisher die Brennstäbe teuer in Argentinien einkaufen wollen, sondern aus eigenen Uranvorkommen selbst herstellen wollen) klingt für mich auch logisch nachvollziehbar.

Hier übrigens eine interessante Rede vom Ahmadinedschad vor der UN in New York am 22.09.2011:
Mahmud Ahmadinedschad Rede vor UN 2011
Er kritisiert in dieser Rede auch die US-Politik. Und das Verhalten der (amerikanischen) Zuhörer, die beleidigt den Saal verlassen, spricht Bände. wink

Von solchen Reden hört man in unseren Medien aber gar nichts.
Und auch nichts von dieser hier:
3. Weltkrieg - Warnung Medwedjews strategische Maßnahmen gegen die Weltkriegsgefahr


Interessant ist übrigens auch das hier, was ich im Internet entdeckt habe:
(allerdings habe ich nicht nachgeprüft, wie glaubwürdig die Quellen sind - da muss sich jeder selbst ein Bild davon machen):
Quote:
Gaddafi zum Held der Menschenrechte gewählt
Das hatte Amnesty International (AI) sich bestimmt anders vorgestellt. Bei der alljährlichen Wahl zum Menschenrechtshelden sollte von den Usern auch 2011 die Person per Mouseclick gewählt werden, welche die Welt am meisten zur Umsetzung von Menschenrechten inspiriert hatte. Die Wahl fiel, sehr zur Betroffenheit von AI, ausgerechnet auf Oberst Muammar al Gaddafi.
...
Grund für seine Wahl zum Menschenrechtshelden war nicht sein Widerstand gegen die westlichen Besatzungstruppen als vielmehr sein Konzept der Jamahiriya als partizipative Demokratie. Es war die weltweitweit einzige direkte Basisdemokratie, eine von der Verfassung proklamierte Volksdemokratie, basierend auf dem Volkskongress und den Volkskomitees. Mit den humanitären Massakern der NATO wurde auch die einzige echte Demokratie weltweit in Schutt und Asche gebombt.


Re: Tolles Fachwissen: Politik [Re: Harry Potter] #401928
05/26/12 11:21
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Einfach zum Nachdenken:
Youtube-Video über eine Aktion, die vor 2 Tagen anlässlich des NATO-Gipfels in Chicago stattgefunden hatte:
Nato Gipfel Chicago: Kriegsveteranen werfen ihre Orden weg - 24.5.12

Re: Tolles Fachwissen: Politik: Schulden - die ersten 5000 Jahre [Re: Harry Potter] #403419
06/19/12 19:37
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https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=k2y0mULczzI

Ich glaube, ich hatte das Buch irgendwo schonmal erwähnt.
"Titel Thesen Temperamente" gibt keinen schlechten ersten Einblick in seine Thesen.

Seit Mai gibt es das Buch auch in Deutsch.
Ein Buch zur "Revolution" aus Sicht eines Anthropologen und Anarchisten, als was sich David Graeber bezeichnet:
"Kampf dem Kamikaze-Kapitalismus"

Re: Tolles Fachwissen: Politik: Syrien [Re: Pappenheimer] #404986
07/20/12 14:08
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Da sich momentan in Syrien das gleiche abspielt, wie damals in Libyen, habe ich mir erlaubt, die Kommentare von Sajeth aus dem Thread Der "mich kotzt etwas verdammt an"- Thread hierher zu kopieren - damit wir hier weiter über dieses Thema diskutieren können.

Hier die original Kommentare:
Originally Posted By: Sajeth
Mich kotzt die vereinigte Lügenfront der etablierten Medien im Fall Syrien an. Kollegen von mir sind momentan (sogar offiziell als Journalisten) in Damaskus unterwegs, fast alles was so von Spiegel, Welt und co berichtet wird, ist gelogen. "Lustigerweise" haben sie vorgestern sogar ein paar deutsche Reporter dabei beobachtet, wie sie einen Stapel Autoreifen angezündet haben, um die Rauchschwade zu filmen.

Und so wird wohl bald das nächste Land von einem Vernichtungskrieg überrollt...

Und auf die Frage "Und was passiert dann dort gerade wirklich?":
Originally Posted By: Sajeth
Tagsüber findet normales Leben statt, nachts werden in den äußeren Vierteln Anschläge verübt. Dabei fallen die "Rebellen" ein, sabotieren die Stromversorgung und bringen Sprengsätze an. Teilweise wird auch von "false flag"-Operationen berichtet, bei denen gezielt durch "Rebellen" in Armeeuniform auf Zivilisten geschossen wird. Die Einheimischen sehen die Rebellen als Verbrecher und Fremde, die Regierungsarmee versucht gezielt deeskalierend zu wirken, da die Taktik der Rebellen darin besteht, militärische Schläge der Regierung zu provozieren, um ein Eingreifen durch fremde Nationen zu erwirken.

Journalisten können sich frei bewegen, natürlich gibt es grade an den Checkpoints Kontrollen (Papiere und manchmal Kontrolle auf Waffen/Sprengsätze), aber freie Journalisten werden nicht behindert. Dagegen leben grade ansässige Reporter, die als regierungstreu gelten, oft in Lebensgefahr. Grade vor ein paar Tagen wurde der private "Syria News Channel" von Rebellen überfallen, vier Sicherheitsleute getötet und drei Reporter exekutiert.

Wenn so wie gestern die Hauptstadt Damaskus "schwer umkämpft" ist und die Regierungstruppen mordend und brandschatzend durch die Stadt ziehen, sieht das ganze so aus:
http://img6.imagebanana.com/img/3tc1xgyl/531416_4314731785385_806509465_n1.jpg

Bei so einem überwältigenden Unrecht schwankt man dann doch zwischen Wut und Depression.


Re: Tolles Fachwissen: Politik: Syrien [Re: Harry Potter] #404988
07/20/12 14:13
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Hier ein Beitrag, der die Aussagen von Sajeth untermauert:
Als Videos "vor Ort" ausgegebene Inszenierungen von Kämpfen in Syrien in Katar gedreht
Quote:
Ein in Katar ansässiges Unternehmen zur Herstellung von Filmkulissen dreht im Raum der Hauptstadt Doha aktuelle Nachrichten-Geschichten über die Ereignisse, die sich angeblich in Syrien abspielen, meldet die syrische Nachrichtenagentur SANA unter Berufung auf eigene Quellen.

Im Raum der Stadt az-Zubara, einem Vorort von Doha, gebe es Gebäude und Straßen, die ähnlich aussehen wie die syrischen Städte Damaskus, Latakia und Aleppo. Derzeit werden dorthin Fahrzeuge, darunter Militärjeeps, an denen syrische Kfz-Kennzeichen befestigt werden, sowie Uniformen der syrischen Armee gebracht, um Aktionen der syrischen Regierungstruppen vorzutäuschen.

Mit diesen generierten Kulissen mit real agierenden Schauspielern wollen arabische und westliche Nachrichtensender, die dem Assad-Regime feindlich gesinnt seien, eine neue Welle des Informationskrieges entfachen, so SANA. Ziel sei es, die Weltgemeinschaft von einem Militäreinsatz in Syrien zu überzeugen.

Bei einem Bombenattentat auf das Gebäude des Nationalen Sicherheitsdienstes in Damaskus sind am Mittwoch mindestens drei hohe Vertreter der syrischen Führung getötet worden. Gleich nach dem Bombenanschlag teilte das syrische Informationsministerium mit, dass westliche und arabische Medien die Tragödie dazu nutzen, um Panik unter der Bevölkerung auszulösen und die Geschehnisse falsch darzustellen.


Re: Tolles Fachwissen: Politik: Syrien [Re: Harry Potter] #405030
07/21/12 14:04
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Hier ein Link zum Internationalen Versöhnungsbund, der um Aufklärung und Deeskalation bemüht ist.

Den Clemens Ronnefeldt habe ich bei einem Vortrag zum Thema "Globalisierung und Krieg" erlebt, wo er viele interessante Details zu den Konflikten im Nahost liefern konnte.

http://www.versoehnungsbund.de/nok

Hier der direkte Link zu einem Dossier über Syrien, dass aber wahrscheinlich schon im März geschrieben wurde.
http://www.koop-frieden.de/dokumente/dossier5.pdf

Re: Tolles Fachwissen: Politik: Syrien [Re: Harry Potter] #405405
07/30/12 11:57
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Soetwas kotzt mich am meisten an.
Wenn in der meistgelesenen Tageszeitung Österreichs nicht nur Lügen über Syrien verbreitet werden (zuvor auch über Libyen), sondern dann auch noch Fotos gefälscht werden, um den Lesern ein falsches Bild der Realität vorzutäuschen.
Andererseits freut es mich, wenn solche Dinge aufgeklärt werden.

Hier das Foto aus der Kronenzeitung:


Hier das Originalfoto:

Ob die beiden flüchten, oder einfach nur dem Bus nachlaufen, oder gerade von einem Supermarkt-Einkauf zurückkommen, kann man daraus nicht erkennen. Bei einer Flucht hätte ich eigentlich mehr Gepäck erwartet.

Die Ruinen sind in Wahrheit nicht in Aleppo, sondern in Homs.


Hier mehr dazu: Bericht von derStandard.at

Last edited by Harry Potter; 07/30/12 12:08.
Re: Tolles Fachwissen: Politik: Syrien [Re: Harry Potter] #405407
07/30/12 12:18
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Re: Tolles Fachwissen: Politik: Syrien [Re: Asgadir] #405410
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Jaja, schon klar. Man kann es nur nicht oft genug erwähnen. Weil die Mehrheit der Menschen glaubt immer noch ungeprüft das, was in den Zeitungen steht.

Re: Tolles Fachwissen: Politik: Syrien [Re: Harry Potter] #405413
07/30/12 14:06
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Ein interessanter Artikel in der FAZ, zum Thema "Syrien":
Und ihr denkt, es geht um einen Diktator

Quote:
24.07.2012 - Die Reaktionen auf den Syrien-Konflikt offenbaren die geopolitische Ahnungslosigkeit mancher deutscher Kommentatoren: Zehn Minuten Nachhilfe aus gegebenem Anlass können nicht schaden.

Von Hans-Christof Kraus

Man kann nur staunen über das Ausmaß an fast schon sträflicher Naivität oder auch nur schlichter Ignoranz, das viele Beurteiler der Syrien-Krise an den Tag legen, vor allem, wenn es darum geht, die Hintergründe für das zähe Tauziehen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zwischen Amerika und den westlichen Mächten einerseits, Russland und China andererseits aufzuhellen. Folgt man der Darstellung des Konflikts in weiten Teilen der westlichen Welt, dann scheint es sich lediglich um die Frage zu handeln, ob es gelingt, die syrische Bevölkerung von einem blutigen Diktator zu befreien. Vor allem in Deutschland scheint die Unkenntnis, mit der diese Auseinandersetzung derzeit diskutiert wird, grenzenlos zu sein - bis hin zu einer angeblichen, allerdings nicht bestätigten Anfrage an die russische Regierung, ob sie bereit wäre, Assad im Falle seines Sturzes in Russland Asyl zu gewähren.

Dabei geht es um vollkommen andere Probleme. Die Konfliktlinien verlaufen dort, wo sie von fast allen deutschen Beobachtern nicht einmal mehr wahrgenommen werden, und zwar vor allem deshalb, weil man in unserem Land verlernt hat, in weltpolitischen und geostrategischen Kategorien zu denken. Ob die Syrer, in weltpolitischer Sicht gesehen, derzeit oder künftig von einem Diktator aus dem Hause Assad, von einer demokratischen oder sich als demokratisch inszenierenden Regierung oder auch von einem radikal muslimischen Regime regiert werden, ist aus der Perspektive geostrategischer Erwägungen zuerst einmal gleichgültig.

Eine Einteilung in „Weltinsel“ und „Herzland“
Als um und nach 1900 die Welt, die gesamte Landoberfläche des Globus, aufgeteilt und zumeist unter die politische Oberherrschaft der Europäer und Amerikaner gestellt worden war, entwickelten die geostrategischen Denker der damaligen Zeit ein vollkommen neues Bild künftiger Weltpolitik. Die Angelsachsen hatten, obwohl gerade sie unangreifbar erschienen, jetzt zum ersten Mal Anlass, um ihre Weltstellung fürchten zu müssen. Der britische Geograph und Politiker Halford Mackinder entwickelte kurz vor dem Ersten Weltkrieg seine außerordentlich folgenreiche Lehre von der Unterlegenheit der maritimen Weltmächte.

Hatte bis dahin das Diktum des amerikanischen Militärtheoretikers Alfred T. Mahan von der Unangreifbarkeit global agierender Seemächte gegolten, so machte Mackinder die Gegenrechnung auf: In seiner neuen Analyse der Landoberfläche des Globus ordnete er die Seemächte dem „äußeren insularen Bereich“ zu, während er Europa, Asien und Afrika als gigantischen Großkontinent auffasste, den er die „Weltinsel“ nannte. Kern dieser Weltinsel war das „Herzland“ („pivot area“), das er in Nord- und Mittelasien verortete. Hier und im Umfeld des „Herzlandes“ seien sieben Achtel der Weltbevölkerung angesiedelt, auch befinde sich in diesem Gebiet der bei weitem größte Anteil der auf der Erde verfügbaren Rohstoffe. Künftige Herrscher der Welt könnten daher nicht mehr die angelsächsischen Seemächte sein, so Mackinders Schlussfolgerung, sondern eventuell diejenige Macht (oder Mächtegruppierung), die in der Lage sei, das Herzland vollständig unter die eigene Kontrolle zu bringen.

Debatte um die weltpolitisch entscheidende Region der Erde
Das starke angelsächsische Misstrauen gegen die kommunistische Sowjetunion in der Zwischenkriegszeit, aber anschließend auch der unerbittliche, bis zum Ziel der bedingungslosen Kapitulation geführte Kampf Amerikas und Großbritanniens gegen die beiden das Herzland von Westen und Osten bedrohenden Achsenmächte Deutschland und Japan sind nur vor dem Hintergrund dieser geopolitischen Konzeption zu verstehen: Der Albtraum einer von Deutschland und Japan gemeinsam oder schlimmstenfalls sogar von Deutschland allein kontrollierten „pivot area“ im Herzen Eurasiens musste mit allen Mitteln verhindert werden. Hierin bestand das erste und wichtigste Kriegsziel Roosevelts und Churchills, dem alles andere untergeordnet wurde.

Noch vor Kriegsende wurde die Lehre Mackinders von der Bedeutung des Herzlandes weiterentwickelt und etwas abgewandelt. Nicholas Spykman, bedeutendster amerikanischer Geopolitiker seiner Zeit, entwickelte schon während des Krieges die Theorie, dass nicht eigentlich das Herzland, sondern dessen Randgebiet, das „Randland“ („rimland“), die weltpolitisch entscheidende Region der Erde sei: Dieses „rimland“ erstreckt sich von Skandinavien über Mittelosteuropa, die Türkei, die arabischen und vorderasiatischen Länder und Indien bis hin nach Indochina, Korea, Ost- und Nordchina. Hier sei die wirklich entscheidende Region der Weltinsel, des gesamten eurasiatischen Kontinents also, zu finden, und wem es gelinge, dieses Randland mit seinen ungeheuren Menschenmassen und seinen unerschöpflichen Rohstoffen unter die eigene Kontrolle zu bringen, sei der Herr der Erde oder könne zumindest den anderen Mächten, gerade auch den traditionellen Seemächten, seinen Willen aufzwingen.

Interventionsverbot für raumfremde Mächte?
Nicht zuletzt auf der Voraussetzung dieser grundlegenden Analysen des bereits 1943 verstorbenen Spykman wurde es nach dem Krieg die geopolitische Staatsräson der Vereinigten Staaten, den traditionellen Isolationismus endgültig aufzugeben, dafür aber fortan aktive Weltpolitik zu treiben. Für die Ära des Kalten Krieges jedenfalls lässt sich sagen, dass fast alle der Hauptkonfliktlinien zwischen Ost und West in den Regionen jener breiten „Randland“-Zone zwischen Finnland im Westen, Korea im Osten gelegen haben. Zwar nicht alle, aber doch die meisten Kriege der Nachkriegszeit, vom Koreakrieg über die Nahost- und die Golfkriege bis hin zum Vietnamkonflikt haben sich in genau dieser Zone abgespielt.

Die geopolitisch-völkerrechtliche Gegentheorie zu Mackinder und Spykman ist fast noch älter; im Kern ist sie bereits in der amerikanischen Monroe-Doktrin von 1823 zu finden; mit der Titelformulierung einer berühmten Schrift des zwanzigsten Jahrhunderts, erschienen während des Zweiten Weltkriegs, kann man sie als „Völkerrechtliche Großraumordnung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte“ (Carl Schmitt) bezeichnen. Dieses Modell hat in seiner Entstehungszeit freilich nicht funktioniert; und gerade mit Blick auf die Bedeutung des Herz- und des Randlandes haben die Amerikaner ein Interventionsverbot außerhalb der eigenen amerikanischen Hemisphäre (jedenfalls dann, wenn es gegen die eigenen Interessen gerichtet war) weder anerkannt noch respektiert.

Es geht nicht vorrangig darum, der syrischen Bevölkerung zu helfen
Im Gegenteil: Sie haben auch nach 1945 immer wieder gerade dort interveniert, wo es ihnen erforderlich schien, die eigene Machtstellung konsequent zu stärken. Nicht zuletzt der Ölreichtum und die auch strategisch entscheidend wichtige Lage der Region zwischen dem östlichen Mittelmeer und dem Arabischen Meer haben gerade dieses Gebiet zu einem Hauptaktionsfeld amerikanischer Außenpolitik werden lassen, bis hin zum letzten Irak-Krieg, zur Besetzung Afghanistans und zu den undurchsichtigen, völkerrechtlich jedenfalls in keiner Weise legitimierbaren Aktionen im nordöstlichen Pakistan.

Der aktuelle Konflikt um ein Eingreifen oder Nicht-Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg ist deshalb so brisant, weil sich in dieser Frage der Gegensatz zwischen zwei radikal unterschiedlichen geostrategischen und weltpolitischen Konzeptionen manifestiert. Den Amerikanern und der westlichen Seite geht es nicht oder nicht vorrangig darum, der bedauernswerten syrischen Bevölkerung zu helfen, sondern um Einflussnahme auf die Neugestaltung des Landes nach einem voraussichtlichen Sturz des derzeitigen Regimes, obwohl man mit diesem bisher stets gut zusammenarbeiten konnte. Mehrere, seit längerem geplante, für den Westen wichtige Öl- und Gaspipelines stehen auf dem Spiel, die Saudi-Arabien und Qatar mit dem östlichen Mittelmeerraum und der Türkei verbinden und deshalb partiell durch syrisches Gebiet führen sollen.

Das Blatt hat sich gewendet
Russen und Chinesen nehmen die gegenteilige Perspektive ein. Die russische Militärbasis am Mittelmeer, im syrischen Hafen Tartus gelegen, steht ebenfalls auf dem Spiel - wie die allgemeine machtpolitische Stellung Moskaus und Pekings im nahöstlich-vorderasiatischen Raum. Der Blick auf einen möglichen militärischen Konflikt zwischen Israel und Iran macht es für die beiden größten Mächte Asiens unabdingbar, hier präsent zu sein.

Noch ist nicht vorauszusehen, welche von beiden Seiten sich durchsetzen wird, denn auch die Amerikaner haben schon häufiger UN-Resolutionen missachtet, wenn ihnen dies zur Förderung ihrer eigenen Interessen notwendig erschien. Den unerklärten Krieg gegen den Irak, der zum Sturz des Regimes von Saddam Hussein führte, haben Moskau und Peking höchst widerwillig hinnehmen müssen - am Ende nur deshalb, weil sie es nicht wagen konnten, der zeitweilig einzigen hochgerüsteten Weltmacht entschiedener entgegenzutreten. Heute hat sich das Blatt gewendet: Aufgrund schwerer hausgemachter wirtschaftlicher Probleme, die mit einem weit überdehnten außen- und militärpolitischen Engagement zusammenhängen, befinden sich die Vereinigten Staaten in einer deutlich geschwächten Position. Ihr militärisches Eingreifen in Syrien erscheint schon aus diesem Grund als kaum wahrscheinlich.

Die Würfel sind noch nicht gefallen
Insofern muss die Regierung in Washington das inzwischen dreimal hintereinander ausgesprochene Veto Pekings und Moskaus, mit der eine UN-Resolution gegen das syrische Regime verhindert wird, als ernste Warnung auffassen. Wie es scheint, sehen sich China und Russland in einem gemeinsamen Kondominat über den südasiatischen Raum, und ihr striktes Nein gegen ein Eingreifen der westlichen Mächte in Syrien kann sehr wohl im Sinne einer politisch-völkerrechtlichen Doktrin eines wenigstens angedeuteten Interventionsverbots für raumfremde Mächte, womit vor allem Amerika gemeint ist, gesehen werden. Die Regierung in Washington wiederum wird ein solches Verbot, wäre es denn ernst gemeint, kaum akzeptieren können, denn in der Konsequenz würde dies den endgültigen Verzicht auf politisch-ökonomische Einflussnahme, eventuell sogar auf militärisches Eingreifen in den Regionen des „Randlandes“ bedeuten. Washington kann schon aus ureigenem Interesse jene eurasiatischen Randregionen nicht ihrem Schicksal - und schon gar nicht den beiden asiatischen Weltmächten - überlassen.

Insofern kann man am Ausmaß, am Verlauf und an den, wie abzusehen ist, schon bald eintretenden Folgen des Syrien-Konflikts wie in einem Brennspiegel die gegenwärtige Verteilung weltpolitischer Machtpotentiale ablesen. Die Würfel sind noch nicht gefallen. Aber die geostrategischen Global Player halten sie bereits in der Hand.


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