... Hier kommt die nächste Fortsetzung der Vorgeschichte zu meinem "Pax et Bellum"-Projekt:

Als ich gerade mitten in den Dreharbeiten zu meiner ScienceFiction-Parodie war, musste ich plötzlich zum Österreichischen Bundesheer einrücken (1 Jahr früher als ursprünglich geplant). Das war im Oktober 1989.
Und im Frühling 1990 beschlossen dann ich und ein paar von meinen Bundesheer-Kameraden, dass wir in der Kaserne heimlich einen Film drehen könnten.

Was dann kam, war wahrscheinlich die größte logistische Meisterleistung aller Zeiten. grin
Und weil es etwas Verbotenes war (jedenfalls damals noch - später holte ich mir dann die Erlaubnis, in der Kaserne drehen zu dürfen), war es damals so spannend wie in einem Film (vergleichbar mit Ocean's Eleven oder Mission Impossible grin ).

Ungefähr 15 Grundwehrdiener waren in das "Projekt" eingeweiht. Der Plan war es, einen Kurzfilm zu drehen.
Wir hatten uns dann in der Kaserne zusammengesetzt, und hatten uns in einer Art Brainstorming das Drehbuch überlegt. Als Ergebnis kam dann heraus, dass wir einen Werbespot für einen Schokoriegel drehen wollten.

Das sollte dann im Film so aussehen:
Quote:
Ein paar Soldaten befreien eine Geisel (einen Kameraden) aus einer feindlichen Kaserne. Im Gebäude, in dem die Geisel gefangen gehalten wird, kommt es zu einem Schusswechsel. Und auch danach, auf der Flucht über den Truppenübungsplatz, kommt es zu einem Feuergefecht. Schließlich gelingt aber die Flucht, und der befreite Soldat sagt zu seinen Kameraden: "Danke, dass ihr mich befreit habt". Daraufhin antworten diese: "Wir mussten es tun. Du hattest nämlich unsere Schokoriegel eingesteckt". Der befreite Gefangene greift in seine Brusttasche, holt zwei Schokoriegel hervor, und hält sie vor die Kamera. Ende der Werbung. grin

Das Problem war dann allerdings: wie dreht man heimlich einen Film in einer Kaserne, bei dem es auch noch zu einer Schießerei kommen soll, ohne dass es einer der Offiziere oder Unteroffiziere bemerkt?

Da es aber für alle Probleme irgendeine Lösung gibt, fing ich als erstes damit an, aufgrund meiner pyrotechnischen Erfahrungen aus meinen vorherigen Filmprojekten, an einer Spezialmunition für die echten Sturmgewehre (STG-77) zu basteln.



Diese Munition sollte, ohne einem lauten Knall, ein schönes Mündungsfeuer ergeben. Am Wochenende hatte ich also zu Hause die Munition gebastelt, und in der Kaserne hatten wir diese dann mit den echten Waffen ausprobiert. Der erste Versuch schlug noch fehl, und der Knall war noch zu laut. Aber zum Glück hatten wir Fenster und Türen mit Decken schalldicht gemacht, und auch der Schuss selbst fand unter einer Decke statt. Beim zweiten Versuch war dann die Stichflamme zu klein. Aber beim dritten Versuch klappte es dann.

Als nächstes musste die Kamera in die Kaserne geschmuggelt werden. Das war auch nicht so ganz einfach, weil die Kamera erstens ziemlich groß war (eine Schulterkamera Sony CCD-V200), und zweitens machte die Wache am Tor ab und zu Gepäckskontrollen. Wir hatten dann beschlossen, eine größere Gruppe zu bilden, die gleichzeitig durch das Tor gingen, weil dadurch die Gefahr von Gepäckskontrollen reduziert wurde. Und es klappte.

Und dann kam der erste Drehtag für die Innenaufnahmen in unserem Kasernenblock. Wir, ca. 15 Grundwehrdiener, hatten beschlossen, das Wochenende in der Kaserne zu bleiben. Dadurch hatten wir das Gebäude für uns alleine. Das einzige Problem war der OvT (Offizier vom Tag). Also ein Offizier, der in unregelmäßigen Zeitabständen durch die Kaserne ging, und alles kontrollierte. Unser Gebäude selbst wurde von den zwei ChvT (Chargen vom Tag) bewacht. Das waren aber Grundwehrdiener, die in unser Filmprojekt eingeweiht waren. Die mussten halt, wenn der OvT vorbeikam, diesem immer berichten, dass es "keine besonderen Vorfälle gab". wink

Der erste Drehtag:

Wir warteten also am Samstag Abend ab, bis der OvT das erste mal vorbeikam (er kam ca. alle 1 bis 2 Stunden vorbei). Die 8 Schauspieler (inkl. ich als Kameramann + Schauspieler) hatten unsere Uniformen angezogen. Die 2 Chargen vom Tag waren eingeweiht. Und 5 weitere eingeweihte Grundwehrdiener befanden sich außerhalb des Gebäudes, um die Position des OvT's auszuspionieren. Diese hatten uns dann rechtzeitig gewarnt, falls sich der OvT nähern sollte.

Naja, und dann gingen die Dreharbeiten los. Zweimal mussten wir unterbrechen, weil der OvT vorbeikam.
Zwischen den einzelnen Schüssen mussten wir immer wieder eine Pause einlegen, und die Fenster öffnen, damit uns der Schießpulvergestank nicht verraten kann. Außerdem brauchte ich auch immer wieder Zeit, um meine Spezialmunition nachzuladen.
Aber insgesamt hatte alles super funktioniert, und einer der Darsteller hatte sogar einen wahnsinns Stunt hingelegt, von dem wir nicht einmal zu träumen gewagt hätten (siehe Video). Und das, obwohl er einen gebrochenen Arm und einen Gipsverband hatte (was man an dem abgewinkelten Arm sehen kann, wenn er dann am Boden liegt).

Am nächsten Tag drehten wir dann noch die Befreihungs-Szene im Waschraum.

Das Ende dieses kleinen Filmprojektes:

Leider kam es dann aber nicht mehr zu den Außenaufnahmen, obwohl wir schon alles dafür vorbereitet hatten. Wir wollten bei der Flucht-Szene aus dem Gebäude sogar einen feindlichen Soldaten aus dem Fenster fallen lassen. In der Kaserne hatten wir nämlich so einen Crashtest-Dummy. Und diese lebensechte Puppe wollten wir ankleiden und beim Schusswechsel aus dem Fenster stürzen lassen.

Aber ein paar Tage vor Drehbeginn musste ich nach einer Gefechtsübung ins Heeresspital eingeliefert werden (jemand hatte direkt neben meinem Ohr einen Schuss abgefeuert, was dazu führte, dass ich bis heute am rechten Ohr nur noch halb so laut höre und einen Tinnitus habe). Während ich im Spital lag, musste ich auch noch am Blinddarm operiert werden.
Ich war dann ein paar Wochen außer Gefecht gesetzt, und in dieser Zeit schmuggelten meine Kameraden dann auch die Kamera wieder aus der Kaserne. Außerdem wurden einige von ihnen in eine andere Stadt verlegt. Das war dann das Ende des Filmprojektes.

Aber immerhin waren die Innenaufnahmen vollständig. Und ich konnte ein kurzes Video zusammenschneiden. Und das sah dann so aus:

(Klicken für maximale Größe)

Und das Video dazu gibt es hier:
Download Bundesheer-Filmprojekt MPG-Video (32 MB)

Nach dem Bundesheer war dann erstmal Pause mit dem Filmemachen, weil ich in der EDV-Abteilung einer Molkerei zum Arbeiten begonnen hatte. In dieser Zeit hatte ich mich dann wieder mehr auf das Programmieren konzentriert. Zunächst am Commodore Amiga, und später dann, als dieser durch den PC verdrängt wurde, schrieb ich meine ersten Programme am PC.

Fortsetzung folgt ... wink

Edit: Dieses Bundesheer-Video hatte ursprünglich eine zweite Tonspur für die Stimmen und die Waffen-Geräusche. Man konnte nämlich bei Video8-Kassetten auf einer zweiten Tonspur eine Nachvertonung machen. Allerdings ging diese Tonspur beim Überspielen des Videos auf den PC verloren. Wenn ich irgendwann wieder mehr Zeit haben sollte, werde ich das Video vielleicht mal neu schneiden (in besserer Bildqualität), und auch neu vertonen.

Last edited by Harry Potter; 12/04/11 15:26.