So, und jetzt kommen der Reihe nach die Antworten auf all die vorherigen Fragen:

Originally Posted By: Clemens
was sind deine ungefähren terminlichen Vorstellungen eines Release? Klingt nämlich mehr wie ein Lebensprojekt oder vlt. sogar ein generationenübergreifendes Werk
"Generationsübergreifendes Werk" trifft es glaube ich ganz gut. wink
Mein Projekt soll ja auch kein Spiel im herkömmlichen Sinn werden. Also dass man ein Spiel entwickelt, fertigstellt, vermarktet, und das war es dann.

Sondern mein Projekt wird modular aufgebaut sein, und wird im Laufe der Zeit erweitert werden. Es wird im Spiel einzelne Regionen mitten in Frankreich des späten 14.Jahrhunderts geben. Jede Region ist sozusagen ein Level - das kann eine Burg sein, oder ein Dorf, oder eine Stadt, oder auch einfach nur unbewohnte Wildnis.

Wenn man den Rand eines Levels erreicht, erscheint eine Karte, und auf dieser Karte kann man dann auswählen, in welche weitere Region man reisen möchte. Alle verfügbaren Regionen werden auf der Karte eingezeichnet sein, mit unterschiedlich dunkler Tinte. Schwarz eingezeichnete Regionen sind zu fast 100% historisch korrekt nachgebaut, hellgrau eingezeichnete Regionen bzw. Städte, Orte, Burgen, etc., sind Regionen, die sich heutzutage nicht mehr rekonstruieren lassen, und die daher meiner Fantasie entsprungen sind. Allerdings werde ich auch bei diesen Orten darauf achten, dass zumindest die Landschaft, die Pflanzen, und die Art des in dieser Gegend vorkommenden Gesteins (für den Burgenbau, Städtebau, etc.), der realen Gegend in Frankreich entspricht. Also selbst die Orte, die sich nicht rekonstruieren lassen, sollen möglichst glaubwürdig sein. Zwischen schwarz und hellgrau gibt es mehrere Abstufungen, die darauf hindeuten, wie historisch korrekt ein Ort rekonstruiert wurde. Weil oft ist es mir nur möglich, zum Beispiel 30% einer Burg exakt zu rekonstruieren. Bei den restlichen 70% muss ich dann raten, und meine Fantasie spielen lassen.

Am Anfang wird es im Spiel nur sehr wenige Regionen geben (vielleicht maximal 5). Weitere Regionen werden dann aber im Laufe der Zeit als Add-ons hinzugefügt werden können. Das Ziel ist es, irgendwann (ich werde das aber bestimmt nicht mehr erleben) eine Karte zu haben, auf der fast alle Regionen des mittelalterlichen Frankreichs untergebracht sind. So gesehen wird es vielleicht wirklich ein Generationenprojekt werden?! Mal sehen.

Finanzieren wird sich das Spiel auch auf eine ganz neue Art und Weise. Momentan schweben mir da zwei verschiedene Varianten vor. Mehr möchte ich dazu aber nicht verraten.


Ja, und wie sind jetzt meine terminlichen Vorstellungen?
Sagen wir mal: es ist fertig, wenn es fertig ist. wink
Alles andere wäre eine unseriöse Aussage.

Weil alle die mich kennen, wissen, dass ich schon mehrmals versprochen hatte, einen Demolevel fertigzustellen. Und meistens wurde dann nichts daraus, weil sich meine Pläne geändert hatten.

Nur ein Beispiel: mein erster Demolevel sollte noch mit Texturen gemacht werden, die bei bewölktem Himmel fotografiert wurden. Ich wollte mir dadurch die Berechnung von Schatten ersparen. In den Jahren 2002 und 2003 fotografierte ich also hauptsächlich bei bewölktem Himmel. Jedesmal, wenn die Sonne zwischen den Wolken hervorkam, hatte ich geflucht. grin
Dann hatte ich aber trotzdem, an einem sonnigen Tag in Südfrankreich, die mittelalterliche Stadt Aigues Mortes fotografiert. Und als ich dann zu Hause aus diesen Fotos Texturen machte, war mir schnell klar: ab sofort wird nur noch bei Sonnenschein und wolkenlosem Himmel fotografiert! Weil diese Texturen sahen hundertmal besser und realistischer aus als die Texturen ohne Schatten. Und von da an fluchte ich, sobald ich eine Wolke am Himmel sah. grin

Meinen alten Demolevel ließ ich dann links liegen, und begann mit einem neuen Demolevel. Insgesamt wurden es in den darauffolgenden Jahren dann so ca. 10 verschiedene "Demolevels". grin

Ich sehe das aber heute eher als positiv, und als "Übung", um dorthin zu gelangen, wo ich heute bin. Und mittlerweile arbeite ich intensiv nur noch an 3 Levels (1. die Holzburg, 2. der Hauptmenü-Level mit dem Innenraum und dem Tisch, und 3. wenn mir das alles zu langweilig wird, arbeite ich an der Raumstation).

Ich sammle zwar jedes Jahr im Sommer Fotos von zahlreichen Burgen. Und auch wenn es mir schwer fällt, ich versuche mich jedes mal zurückzuhalten, um nicht wieder etwas NEUES zu beginnen (eine neue Burg, eine neue Stadt, etc.). Damit ich das eigentliche Ziel nicht aus den Augen verliere.

Und das eigentliche Ziel ist: die 3 Levels (Holzburg, Menü, und Raumstation) fertig zu bekommen. Weil diese Levels werden am Beginn vom Spiel wichtig sein. Alles andere kann dann später nachfolgen.
Und wenn diese 3 Levels fertig sind, werde ich das Projekt offiziell im Internet präsentieren. Und mit etwas Glück läuft dann die Finanzierung an, sodass ich es dann hauptberuflich weiterentwickeln kann.

Originally Posted By: Clemens
Wieviele Stunden arbeitest du so im Durchschnitt in der Woche daran?
Das ist unterschiedlich, das kann ich nicht so genau sagen.
Eigentlich stecke ich geschätzte 80% meiner Freizeit in das Projekt.
Zum Projekt gehört aber viel mehr als nur das Spieleentwickeln:

  • Im Sommer Reisen durch Frankreich, um Fotos zu schießen (seit 2002 jedes Jahr mindestens 3 Wochen, manchmal sogar bis zu 4 Wochen - das ergibt bis jetzt ca. 220 Hotel-Übernachtungen in Frankreich - ich will gar nicht nachrechnen, wieviel mich das alles schon gekostet hat. shocked )
  • Vorbereitung auf die Reisen (im Internet Suche nach geeigneten Orten und Fotomotiven, teilweise jetzt auch mit Google Streetview)
  • Wissensbeschaffung zum Thema "Mittelalter" (Lesen von Büchern, Dokumentarfilme ansehen, im Internet recherchieren, etc.)
  • Sammlung von mittelalterlichen Gegenständen (Suche nach Webshops, bei denen man historisch korrekte Repliken von z.B. Waffen, Rüstungen, Kleidungsstücken, Gebrauchsgegenständen, etc. kaufen kann).
  • Basteln und Handwerk (die Kleidungsstücke müssen teilweise selbst gemacht werden, oder zumindest geändert werden, an den Rüstungen bastle ich herum. Die fotorealistische Schrift musste ich auch erst mal erlernen, und dann musste ich sie noch mit Feder und Tinte auf Pergament schreiben, um sie dann fotografieren zu können. Die Wandmalereien von Innenräumen male ich selbst im verkleinerten Maßstab, etc. etc.).
  • Burgenrekonstruktion: Seit 2 Jahren versuche ich auch selbst Burgen zu rekonstruieren, die bis jetzt noch niemand rekonstruiert hat, oder die offensichtlich falsch rekonstruiert wurden. Ich verbringe dann oft mehrere Tage vor Ort (z.B. 3 Tage in Les Baux), um eine Burg von oben bis unten zu studieren, Fotos von jedem einzelnen Stein zu schießen, um mir dann ein Bild davon zu machen, wie diese Burg oder Ruine früher ausgesehen haben könnte.
  • Und dann natürlich die Arbeit am Spiel selbst (programmieren, modellieren, Texturen bearbeiten, etc. etc.).
  • Später werden dann noch so Dinge wie Motion Capturing hinzu kommen, Aufnahme von Sounds, Sprachaufnahmen, etc., etc.!
  • Und natürlich: Fragen in Foren beantworten. grin
  • Und hunderttausend andere Dinge, die ich jetzt vergessen habe (z.B. alles was mit Fotoausrüstung zu tun hat).

Also eigentlich stecke ich den Großteil meiner Freizeit in dieses Projekt.
Mein Hauptproblem ist aber, dass ich oft nur sehr wenig Freizeit habe. Zum Beispiel musste ich das letzte halbe Jahr jede Woche beruflich von Wien nach Stuttgart (oder Karlsruhe) fahren.

Mein Leben sah im letzten halben Jahr so aus:
  • Sonntag: packen, und zu Mittag Abfahrt von zu Hause Richtung Stuttgart. Mindestens 7 Stunden Autofahrt.
  • Montag, 9 Uhr Arbeitsbeginn in Stuttgart, bis Donnerstag 19 Uhr. Jeden Tag mindestens 10 bis 12 Stunden gearbeitet, im Hotel übernachtet.
  • Donnerstag Heimreise frühestens ab 19 Uhr. Ankunft zu Hause meist am Freitag nach 3 oder 4 Uhr in der Früh.
  • Freitag: bis zum frühen Nachmittag geschlafen. Wäsche gewaschen, etc.! Manchmal auch für die Firma in Wien gearbeitet.
  • Samstag: endlich mal frei.
  • Sonntag: packen, und es geht wieder los ...

Also da blieb absolut keine Zeit für mein Projekt. Und so ähnlich geht es mir jetzt schon fast ständig, seit ungefähr 2004.
Für mein Projekt bleiben da hauptsächlich die Urlaubstage im Sommer, und der Weihnachtsurlaub. Und wenn ich Glück habe, gibt es ab und zu mal ein paar ruhigere Zeiten, in denen ich nicht auf Geschäftsreisen unterwegs sein muss. Das kommt aber sehr selten vor.

Irgendwie muss ich an meinem Job etwas ändern. Und das habe ich demnächst auch vor.