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Auch über das "Ausgedrucken und als Nachtlektüre lesen" (ich hoffe, das war überhaupt ein Witz?!).

Nur so halb. Ich habe es mir wirklich ausgedruckt und gestern Abend noch gelesen. Ich mach das bei längeren Artikeln immer, weil mir vom Bildschirmlesen bei langen Texten schwindelig wird, was ich hinterher nur durch Sport oder einen Spaziergang wieder wegbekomme. Ich brauche da immer etwas Ausgleich laugh .

Den folgenden Text könnt ihr euch auch ausdrucken falls ich da alles reinquetschen kann, was mir gerade so im Kopf rumschwirrt, befürchte ich. Zu Firoball:

Was Thomas geschrieben hat, finde ich sehr wichtig. Es hilft mir deine Situation anders einzuschätzen und ich möchte dir in dem zusammenhang mal etwas persönlicheres erzählen.

Ich konnte mich mit dem Text ziemlich gut identifizieren. Ich bin auch jemand, der sich gerne schlecher redet/denkt, als er eigentlich ist. Und ich weiß woran das liegt. Aber dazu später.
Rückblickend betrachtet hatte ich meine ganze Schulzeit lang immer Probleme mich selbst richtig einzuschätzen. Nicht auf der "Wissens-Ebene". Bei Diskussionsrunden in Gemeinschaftskunde, Biologie oder sonst was war ich immer sehr standhaft und selbstbewusst. Auch das Präsentieren fiel mir leicht. Auch wenn ich natürlich immer sehr aufgeregt war. Ich habe da meistens sehr gute Noten gemacht.

Was mir jedoch nicht leicht fiel, sind einfache Gespräche. Ich fühlte mich meinem Gegenüber fast immer unterlegen, weil ich mir dachte "Der Gegenüber ist besser, hat mehr Sex-Appeal bei Mädels, und ist einfach viel lockerer drauf, viel spontaner, redet das lustigere Zeugs und ist allgemein cooler!".
Das war nicht bei jedem so, ich hatte auch sehr gute Freunde, mit denen ich wirklich auch über persönliches reden konnte und die auch mit mir sehr persönliches beredet haben. Aber um ehrlich zu sein waren diese Freunde ganz ähnlich gestrickt wie ich. Wir hatten einen ähnlichen Hintergrund und ähnliche Eigenheiten laugh
In dieser Zeit war ein besonderes Problem bei mir immer das mit den Mädels. Ich habe es nur bei ganz wenigen hinbekommen wirklich offen zu sein und mich nicht zu verstellen bzw. keinen Fluchtinstinkt zu entwicklen. Und diese ohnmächtige Schwäche in mir habe ich gehasst, weil es für mich auch keinen Sinn ergeben hat und mich unterlegen gemacht hat.

Ich bin ein ziemlich komplizierter Mensch. Es gibt Bereiche, in denen ich selbsbewusster bin als viele andere. Ich kann mit psychischen Drucksituationen, wo andere Ewigkeiten, ja teilweise jahrelang zu knabbern haben, gut umgehen und sie schnell kompensieren. Und das ohne Hilfmittel. Ich bin in solchen Bereichen stark. Das hat mir diese Sache vor 4 Jahren gezeigt. Aber einfach zu sein, wie und wer ich bin, das fällt mir bei vielen Leuten unheimlich schwer. Nicht, dass ich dann nichts rede, aber ich verstelle mich in vielen Punkten aus, wahrscheinlich, Selbstschutz. Ich will, ja ich kann nicht "schwach" sein. Das ist für mich eine Horrorvorstellung. Speziell in meiner Jugendzeit beobachtete ich mich deshlab ständig selbst. Inzwischen weiß ich aber, dass andere diese Sache und "mich" anders sehen. Eine Freundin z.B. hat das vor einigen Jahren in einem ruhigen Moment mal angesprochen. Sie meinte, ich habe sehr guten Kern, Einfühlungsvermögen und bin eigentlich angenehmer als viele andere. Wenn ich etwas nettes sage, dann meine ich das auch ernst. Das schätzt sie. Und das stimmt auch.

Ich habe speziell in den letzten vier Jahren sehr viel über mein Leben nachgedacht. Unter anderem auch darüber, warum ich so bin, wie ich bin. Ich bin der Jüngste von insgesamt drei Geschwistern, wobei der Altersunterschied 6 bzw. 8 Jahre beträgt. Ich lebte bis zu meinem Auszug vor zwei Jahren in einem Mehrgenerationenhaushalt. Mein Vater ist ein wirklich guter Mensch, der seinerseits seine eigenen Probleme zu tragen hat, aber dadurch sehr zielstrebig und in seinem Tun perfektionistisch sein kann. Er definierte "gut" oder "schlecht" oft durch Taten. Wenn ich etwas machen sollte, musste das so gut sein, wie er das machen würde. Die Küche musste blitzblank abgespült sein, das Haus gepflegt, die Schuhe sauber, der Garten aufgeräumt. Er hat oft seine eigenen Maßstäbe auf alle anderen übertragen und hat einem auch zu verstehen gegeben, wenn ihm etwas nicht passte oder etwas anders anpacken würde. Teilweise auch auf für mich schwierige Weise. Er machte das jedoch unterbewusst und subtil. Manchmal auch offen, aber damit war es dann einfacher umzugehen. Er ist aber kein schlechter Mensch. Er ist nett. Das ist alles ein wenig schwierig zu beschreiben.
Was ich auf jeden Fall sagen kann, ist, dass es als Kind und Jugendlicher emotional schwierig ist, einem in fast allen Bereichen überlegenen Vater zu genügen. Er ist einfach verdammt gut und kann, ohne Übertreibung, einfach alles. Und das sehr gut.
Begründet durch den Familienhintergrund, wo es auf Seiten meines Vaters ein erfolgreiches Bauunternehmen gibt, eine Bauernseite, eine Wäscherei und einen handwerksbetrieb, einen späteren Familienstreit zwei Generationen vor mir und Zerwürfnisse auf vielen Ebenen, hat er zu der Zeit als das alles noch so war, einfach sehr viel Handwerksgeschick, aber auch Disziplin auf Arbeitsebene und sehr viel theoretisches und vor allem praktisches Wissen mitbekommen. Er hat schon Häuser gebaut und Pläne dazu entworfen, Gas- und Wasserinstallation, Häuserverwaltung, und auch sehr viel aus dem Bereich Garten- und Landschaftsbau mitbekommen. Einfach durch die Bauern-Seite, wo wir heute immer noch Baumwiesen haben und jährliche (non-kommerzielle) Obsternte etc., die inzwischen meistens ich größtenteils übernehme.
Dazu kommt sehr viel praktisches Wissen über Handwerk durch meinen Uropa und eine Lehre als Elektroniker bei HP. Er arbeitet inzwischen in einem kleineren Familienunternehmen und ist da ähnlich wie Thomas einer der besten.
Dazu ist er halt in Sachen Politik sehr fit und belesen, spekuliert zu allem Überfluss als Freizeitbeschäftigung mit Erspartem sehr erfolgreich an der Börse, macht seine Steuererklärungen grundsätzlkich selbst, und reapriert alles was kaputt geht, installiert alles was gekauft wird selbst, bis zu Stromleitungen und Heizungseinrichtung. Und das bekommt er gundsätzlich einfach immer alles hin laugh .

Das darf man jetzt nicht falsch verstehen. Ich habe da größten Respekt vor. Ich habe noch niemanden getroffen, der das alles so hinbekommt, sich das alles zutraut, und es einfach alles kann. Ich finde das super und ich schätze das sehr.

Aber - ich weiß nicht ob man sich das vorstellen kann - natürlich ist es für mich schwierig. Da ist immer ein gewisser Erfolgsdruck auf allen Ebenen. Es wird zwar erwartet, dass man vieles einfach kann, weil man selbst es in einem ähnlichen Alter auch konnte, aber es wird übersehen, dass man es gar nicht können kann, weil der praktische Hintergrund fehlt. Und das trifft einen emotional. Wenn auch nur tief in sich drinnen. Aber es programmiert dein Unterbewusstsein in die Richtung "ich bin nicht gut genug".
Dazu kommt halt noch, dass meine Geschwister, obwohl ich zugegebenermaßen handwerklich geschickter bin und für einen Ungelernten zumindest ansatzweise was kann, schulisch einfach immer viel besser waren als ich. Beide haben ein Abitur im 1,x Bereich. Beide haben inzwischen gut geheiratet und sind erfolgreich in ihren Jobs. Auch das finde ich toll. Aber es ist halt trotzdem schwierig.

Familie ist die Grundfeste einer jeden Persönlichkeit. Ob man es zugibt, oder nicht. Es prägt einen.

Ich habe sehr, sehr viel Gutes von zuhause mitbekommen. Ich achte Menschen und Tiere, werfe meinen Müll nicht in die Gegend, ich denke "grün", ich habe Respekt und ein gewisses Einfühlungsvermögen.
Ich würde im Gegensatz zu Kim Schmitz beispielsweise meine Millionen nicht in Feuerwerke und "Tittenpartys" verpulvern. Ich würde das Geld in Stiftungen investieren und helfen wollen.

Wer bis hierhin durchgehalten hat: Respekt laugh . Jetzt bleibt nur noch die Frage: Was lehrt uns das? Es lehrt uns, dass die meisten Leute nachvollziehbare Gründe für ihr Handeln, für ihr Selbstbewusstsein und für ihre übernommenen Verantwortungen haben. Viele Gründe mögen für andere Leute auch nicht nachvollziehbar sein, und doch sind sie für den Betroffenen essentiell und maßgebend.
Viele Menschen meinen, sie hätten "Mankos" und wären wenig wert. Vielen sieht man das von außen überhaupt nicht an. Manche suchen sogar nach einer Krankheitsursache für ihre Probleme, oder sogar noch schlimmeres.

Aber die Wahrheit ist, dass uns genau diese Mankos zu Menschen machen, denn sie zeigen, dass wir versuchen "gut" zu sein. Viele Freundschaften und Liebesbeziehungen sind nur deshalb so innig, weil man die gleichen Marotten hat und sich deshalb ergänzen kann. "Gemeinsam sind wird stark!". Auf einer Wellenlänge zu sein bedeutet auch die gleichen "Schwächen" zu haben.
Firoball, wenn du an dir Eigenheiten erkennst, dann ist das nur ein Zeichen dafür, dass bei dir alles in Ordnung ist und dass du irgendwann auch den passenden Partner finden wirst.

In diesem Sinne!